Forschungshighlights
Eine wettbewerbsfähige Hochdurchsatz-Screening-Plattform zur Identifizierung von polylactid-spezifischen Bindungspeptiden
Lu, Y., Hintzen, K. W., Kurkina, T., Ji, Y., Schwaneberg, U., Advanced Science. https://doi.org/10.1002/advs.202303195.
Ein 96-Well-Mikrotiterplatten basierendes Hochdurchsatz-Screening-System für die spezifische Bindung von Polymilchsäure (PLA) wurde zum Nachweis, zur Sortierung und zum materialspezifischen Abbau von PLA in gemischten Kunststoffen entwickelt.
Polylactid (Polymilchsäure, PLA) ist ein schnell wachsender Biokunststoff mit breiten Anwendungsmöglichkeiten in Lebensmittelverpackungen, Agrarfolien und in Systemen zur Wirkstoffabgabe. Um die Anwendungsanforderungen zu erfüllen, wird PLA oft mit Polypropylen (PP) gemischt, um seine Verarbeitbarkeit, thermische Stabilität und Steifigkeit zu verbessern. Die Entwicklung von Kunststoffrecyclingverfahren wird in Zukunft von entscheidender Bedeutung sein, um PLA von PP in gemischten Kunststoffen voneinander zu trennen. Materialbinde-Peptide (MBPs) haben hervorragende Bindungseigenschaften an eine Vielzahl von Materialien. Optimierte MBPs, die materialspezifisch an Polymere binden können, haben ein hohes Potenzial für die materialspezifische Erkennung und/oder den verstärkten Abbau von PLA in gemischten PLA/PP-Kunststoffen. Um ein materialspezifisches MBP für die PLA-Bindung (sogenannte PLAbodies ) zu erhalten, wird in dieser Arbeit das MBP Cg-Def über Protein-Engineering für eine verbesserte PLA-Bindungsspezifität optimiert und maßgeschneidert. Ein auf 96-Well-Mikrotiterplatten basierendes Hochdurchsatz-Screeningsystem für PLA-spezifische Bindung (PLABS) wurde dazu erstmals im Rahmen dieser Arbeit entwickelt und in einer Protein-Engineering-Kampagne (KnowVolution) validiert. Als Ergebnis wurde eine Cg-Def-Variante V2 (Cg-Def S19K/K10L/N13H) mit einer 2,3-fach verbesserten PLA-Bindungsspezifität im Vergleich zu PP erhalten. Kontaktwinkelmessungen und Oberflächenplasmonresonanz-Spektroskopie bestätigten eine verbesserte materialspezifische Bindung von V2 an PLA (1,30-fach verbesserte PLA-Oberflächenbedeckung). Die etablierte PLABS-Screening-Plattform zur Identifizierung von PLA bodies kann zur Erkennung, Sortierung und zum materialspezifischen Abbau von PLA in gemischten Kunststoffen eingesetzt werden.
Yi Lu wird finanziell durch das Stipendium des China Scholarship Council (CSC) unterstützt. Diese Arbeit wurde durch das Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der Europäischen Union im Rahmen der Finanzhilfevereinbarung Nr. 870294 (Projekt MIX-UP) unterstützt.
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Lu, Y., Hintzen, K. W., Kurkina, T., Ji, Y., Schwaneberg, U., Advanced Science. https://doi.org/10.1002/advs.202303195.
Verbesserte PLA-spezifische Bindung von Cg-Def durch die KnowVolution-Kampagne, die vier Phasen umfasst. In Phase I wurden potenziell vorteilhafte Positionen durch Screening der cepPCR-Bibliothek von Cg-Def mithilfe eines auf einer 96-Well-Mikrotiterplatte basierenden Hochdurchsatz-Screeningsystems identifiziert. In Phase II wurden dann die vorteilhaften Positionen bestimmt, nachdem die SSM-Bibliotheken der identifizierten Positionen durchmustert wurden. In Phase III wurde die computergestützte Analyse der ermittelten vorteilhaften Positionen und Substitutionen durchgeführt, um kompatible Substitutionen zu finden. Schließlich wurde in Phase IV eine rekombinierte Variante erzeugt und durch kompetitive Bindungstests, Kontaktwinkel und SPR-Messungen die PLA-Bindungsspezifität charakterisiert. PLA: Polylactid bzw. Polymilchsäure; MBP: Materialbindungspeptid; PP: Polypropylen; cepPCR: fehleranfällige Polymerase-Kettenreaktionsmethode; SPR: Oberflächenplasmonresonanz-Spektroskopie; SSM: Positionssättigungsmutagenese
Deep-Learning-gesteuertes Enzym-Engineering der Cutinase aus Thermobifida fusca für eine erhöhte PET-Depolymerisation
Meng, S., Li, Z., Zhang, P., Contreras, F., Ji, Y., Schwaneberg, U., Chinese Journal of Catalysis , doi.org/10.1016/S1872-2067(23)64470-5
Anwendung von Deep Learning zur Verbesserung der Effizienz der enzymvermittelten PET-Depolymerisation.
Eine verantwortungsvolle und nachhaltige Kreislaufwirtschaft von Polymeren erfordert effiziente Recyclingprozesse mit einem geringen CO2 -Fußabdruck. Die enzymatische Depolymerisation von Polyethylenterephthalat (PET) ist ein erster Schritt, um PET-Polymere zu einem Teil einer Polymerkreislaufwirtschaft zu machen. In dieser Studie wurde ein strukturbasiertes Deep-Learning-Modell eingesetzt, um Positionen in TfCut2 zu identifizieren, die für eine verbesserte hydrolytische Aktivität und erhöhte Stabilität verantwortlich sind.
Durch die Anwendung von maschinellem Lernen gesteuertem Design wurden vorteilhafte Positionen (L32E, S35E, H77Y, R110L, S113E, T237Q, R245Q und E253H) innerhalb der Proteinstruktur identifiziert. Diese Positionen wurden dann systematisch zusammengefasst, was zur Entwicklung der optimierten Variante L32E/S113E/T237Q führte. Diese Variante zeigte eine verbesserte PET-Depolymerisation im Vergleich zum TfCut2 Wildtyp (amorpher PET-Film, 2,9-fache Verbesserung // kristallines PET-Pulver (Kristallinität > 40 %), 5,3-fache Verbesserung). Bezüglich der thermischen Stabilität zeigte die Variante L32E/S113E/T237Q eine um 5,7 °C erhöhte Halbinaktivierungstemperatur (T 5060 ). Der PET-Hydrolyseprozess wurde über eine Quarzkristall-Mikrowaage mit Dissipationsüberwachung (QCM-D) in Echtzeit analysiert, um die PET-Depolymerisationskinetik (PET aufgetragen auf Goldsensor) zu bestimmen. Schließlich ergab die Analyse der Konformationsdynamik, dass die Substitutionen L32E/S113E/T237Q eine Konformationsänderung hervorrufen, bei der die dominante Konformation einen engeren Kontakt zwischen dem katalytischen Zentrum und dem PET-Polymer ermöglichte, was zu einer erhöhten PET-Hydrolyse führte. Insgesamt zeigt diese Studie das Potenzial von Deep-Learning-Modellen im Protein-Engineering zur Identifizierung und Entwicklung effizienter PET-Depolymerisationsenzyme.
Shuaiqi Meng wurde von einem Ph.D. Stipendium des China Scholarship Council (CSC No. 201906880011) unterstützt.
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Meng, S., Li, Z., Zhang, P., Contreras, F., Ji, Y., Schwaneberg, U., Chinese Journal of Catalysis , doi.org/10.1016/S1872-2067(23)64470-5
Mithilfe eines Deep-Learning-Algorithmus wurde TfCut2 für eine robuste und aktive PET-Hydrolase entwickelt, die sich durch eine erhöhte kinetische Stabilität und Aktivität gegenüber amorphem und kristallinem PET auszeichnete
Validiertes Hochdurchsatz-Screening-Verfahren für die Gerichtete Evolution von Nylon-depolymerisierenden Enzymen
Hendrik Puetz, Christoph Janknecht, Francisca Contreras, Mariia Vorobii, Tetiana Kurkina, and Ulrich Schwaneberg, ACS Sustainable Chemistry & Engineering, doi.org/10.1021/acssuschemeng.3c01575
Ein sensibles Hochdurchsatz-Screening-Verfahren ermöglicht Gerichtete Depolymerase-Evolution zur Förderung des nachhaltigen Recyclings von Polyamiden und Polyurethanen.
Die Ansammlung von synthetischem Polymerabfall stellt eine bedeutende Herausforderung für die Gesellschaft und die Umwelt dar. Enzyme bieten einen vielversprechenden Ansatz, um eine kreislauforientierte Kunststoffwirtschaft zu fördern, indem sie den Abbau von Polymeren in Monomere erleichtern und so ein werterhaltendes und nachhaltiges Recycling ermöglichen. In den letzten Jahren wurden beeindruckende Fortschritte bei der Verwendung von Enzymen zum Abbau von PET erzielt. Die Entdeckung und Optimierung geeigneter Biokatalysatoren für andere wichtige Polykondensate wie PA und PUR ist durch mangelnde Screening-Verfahren erschwert. In dieser Publikation präsentieren wir das erste hochsensitive kolorimetrische Amin-Screening-System zur Gerichteten Evolution von Polyamidasen und Polyurethanasen (AMIDE). Mit diesem System haben wir den Abbau von PA 6 und PA 6,6 (Polymerfilm und Granulat) untersucht und gängige PUR-Abbauprodukte (2,4-TDA, 2,6-TDA, HMDA, MDA) bis in den nanomolaren Bereich nachgewiesen. Die Anwendbarkeit von AMIDE für die Gerichtete Evolution von Depolymerasen wurde nachgewiesen, indem wir die Katalyse-effizienz der Polyamidase NylC verbesserten. Dies wurde durch das Screening einer kleinen zufälligen Mutagenese-Bibliothek erreicht. Wir sind überzeugt, dass die AMIDE-Methode nicht nur dazu beitragen kann, bestehende Depolymerasen für PA und PUR zu verbessern, sondern auch zur Durchmusterung von bspw. metagenomischen Bibliotheken auf authentischen polymeren Substraten verwendet werden kann. Dies könnte zur Entdeckung neuartiger Enzyme für eine kreislauforientierte synthetische Polymerwirtschaft führen.
Hendrik Pütz und Christoph Janknecht werden finanziell vom deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt ([FKZ: 031B0867E], [FKZ: 031B0506C], [FKZ: 031B1342C], [FKZ: 031B1159CX]).
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Puetz, H.; Janknecht, C.; Contreras, F.; Vorobii, M.; Kurkina, T.; Schwaneberg, U. Validated High-Throughput Screening System for Directed Evolution of Nylon-Depolymerizing Enzymes. ACS Sustainable Chemistry & Engineering 2023. doi.org/10.1021/acssuschemeng.3c01575
Abbildung 1. Die Abbaueffizienz von Enzymbibliotheken gegenüber synthetischen Polymeren wird auf authentischen Substraten getestet, die freigesetzten Produkte markiert und quantifiziert. Dies ermöglicht die Identifikation von verbesserten Enzymvarianten in gezielten Evolutionsexperimenten für Polyamidasen und Polyurethanasen.
Die Einführung aromatischer Aminosäuren in die Elektronenübertragungswege führte zu einer verbesserten katalytischen Leistung von Cytochrom P450s
Meng, S., Li, Z., Ji, Y., Ruff, A. J., Liu, L., Davari, M. D., Schwaneberg, U., Chinese Journal of Catalysis , doi.org/10.1016/S1872-2067(23)644
Die Effizienz der Elektronenübertragung von P450 wird durch die Einführung aromatischer Aminosäuren verbessert. Cytochrome P450 sind vielseitige Katalysatoren für Biosyntheseanwendungen.
Bei den P450-Reaktionen werden zwei Elektronen benötigt, um das Eisen-Häm-Eisen zu reduzieren und die anschließenden Reduktionen über Elektronentransferwege (eTPs) zu aktivieren, die häufig den geschwindigkeitsbegrenzenden Schritt bei den Reaktionen darstellen. Daher könnte ein tieferes Verständnis des P450-ET-Wegs unser Wissen über diese wichtigen Oxidasen erweitern und für ihre weiteren Anwendungen von Nutzen sein. In dieser Studie wurde die P450 BM3 aus Bacillus megaterium für eine verbesserte katalytische Leistung durch Umgestaltung der vorgeschlagenen eTPs entwickelt. Durch die Einführung aromatischer Aminosäuren an den eTPs von P450 BM3 zeigte die "beste" Variante P2H02 (A399Y/Q403F) eine 13,9-fach verbesserte katalytische Effizienz ( kcat /KM = 913,5 s-1 M-1 ) im Vergleich zu P450 BM3 WT. Molekulardynamiksimulationen und die Analyse der Elektronensprungwege ergaben, dass aromatische Aminosäuresubstitutionen, die eine Brücke zwischen dem Cofaktor Flavinmononukleotid und dem Häm-Eisen bilden, die Elektronentransferraten erhöhen und somit die katalytische Leistung verbessern können. Darüber hinaus zeigte die Einführung von Tyrosinen überraschenderweise positive Auswirkungen auf die katalytische Effizienz, indem sie P450 vor potenziellen oxidativen Schäden schützten. Darüber hinaus zeigte die Variante P2H02 eine verbesserte katalytische Effizienz (vom 3,8- bis zum 7,1-fachen) gegenüber fünf Substraten (Indol, Benzo-1,4-dioxan, Pseudocumol, CTAB und p-Xylol) mit unterschiedlichen Größen und elektronischen Eigenschaften. Die allgemeine Anwendbarkeit des Elektronentransfer-Designs durch aromatische Substitutionen wurde auch durch die Einführung der Q379Y-Substitution in CYP116B3 (9,16-fache Verbesserung der katalytischen Effizienz) demonstriert. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Entwicklung von eTPs durch aromatische Aminosäuresubstitutionen einen leistungsstarken Ansatz für die Entwicklung katalytisch effizienter P450s darstellt und auf andere Oxidasen ausgeweitet werden könnte, die auf weitreichende Elektronentransferpfade angewiesen sind. Shuaiqi Meng wurde von einem Ph.D. Stipendium des China Scholarship Council (CSC No. 201906880011).
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Aromatische Aminosäuresubstitutionen überbrücken den Cofaktor Flavinmononukleotid (FMN) und Häm und verbessern die Elektronentransfereffizienz und die katalytische Leistung von modifizierten P450s.
Eine auf Durchflusszytometrie basierende Ultrahochdurchsatz-Screening-Methode für die gerichtete Evolution von Oxidasen
Lilin Feng, Liang Gao, Volkan Besirlioglu, Khalil Essani, Wittwer Malte, Tetiana Kurkina, Yu Ji, and Ulrich Schwaneberg
Ein vielseitiges und robustes Screening-System auf Basis der Durchflusszytometrie für die Entwicklung von Wasserstoffperoxid produzierenden Oxidasen
Oxidasen sind für die chemische und pharmazeutische Industrie von hohem Interesse, da sie hochselektive Oxidationen katalysieren. In der Natur vorkommende Oxidasen müssen jedoch häufig für synthetische Anwendungen maßgeschneidert werden. Hierfür haben wir die vielseitige und robuste, auf Durchflusszytometrie basierende Screening-Plattform "FlOxi" für die gezielte Oxidase-Evolution entwickelt. FlOxi nutzt Wasserstoffperoxid, das von in E. coli exprimierten Oxidasen produziert wird, um Fe 2+ zu Fe3 + zu oxidieren (Fenton-Reaktion). Fe 3+ vermittelt die Immobilisierung eines His6-getaggten eGFP (eGFPHis) auf der E. coli -Zelloberfläche, wodurch die Identifizierung verbesserter Oxidase-Varianten durch Durchflusszytometrie gewährleistet wird. FlOxi wurde mit zwei Oxidasen validiert, einer Galaktose-Oxidase (GalOx) und einer D-Aminosäure-Oxidase (D-AAO). Hierbei konnte eine GalOx-Variante (T521A) mit einem 4,4-fach niedrigeren K m -Wert und eine D-AAO-Variante (L86M/G14/A48/T205) mit einem 4,2-fach höheren k cat -Wert im Vergleich zu den jeweiligen Wildtypen identifiziert werden. Somit kann FlOxi für die Gerichtete Evolution von Wasserstoffperoxid-produzierenden Oxidasen verwendet und für nicht fluoreszierende Substrate eingesetzt werden.
Lilin Feng und Liang Gao wurden durch ein Promotionsstipendium des China Scholarship Council unterstützt (CSC No.201708330279; No.201708330280).
Weitere Informationen finden Sie in dem vollständigen Dokument unter Veröffentlichungen und Patente
Lilin Feng, Liang Gao, Volkan Besirlioglu, Khalil Essani, Wittwer Malte, Tetiana Kurkina, Yu Ji, and Ulrich Schwaneberg, Angewandte Chemie International Edition, doi.org/10.1002/ange.202214999
Eine Ultrahochdurchsatz-Screening-Plattform "FlOxi" wurde entwickelt, indem eine Oxidations-/Fenton-Reaktionskaskade, Fe3+-vermittelte eGFPHis-Immobilisierung und fluoreszenzaktivierte Zellsortierung in einer Strategie vereinigt wurden. FlOxi wurde in zwei Evolutionskampagnen für zwei Oxidasen validiert, was die Eignung der Plattform für das Screening von Oxidase-Varianten im Ultra-Hochdurchsatzverfahren belegt.
Molekulare Grundlagen und Enzym-Engineering-Strategien zur Verbesserung der Kopplungseffizienz in Cytochrom P450 Monooxygenasen
Meng, S., Ji, Y., Zhu, L., Dhoke, G. V., Davari, M. D., Schwaneberg, U., Biotechnology Advances, doi.org/10.1016/j.biotechadv.2022.108051
Rationales Design von effizienten Cytochrom P450 Monooxygenasen mit hoher katalytischer Effizienz und Kopplungseffizienz
Cytochrom P450 Monooxygenasen (P450s) sind die vielseitigsten Biokatalysatoren in der Natur. Die katalytische Fähigkeit dieser Hämproteine hat außerordentliches Potenzial für die Synthese von Pharmazeutika, Kunststoffen und Hormonen. Die industrielle Anwendung von P450 ist jedoch begrenzt, und einer der Hauptfaktoren ist die geringe Kopplungseffizienz bei nicht natürlichen Substraten. Die unerwünschten Entkopplungsreaktionen führen zu einem Mehrverbrauch des teuren Cofaktors NAD(P)H und zur Akkumulation reaktiver Sauerstoffspezies und zur Inaktivierung von Enzymen und Organismen. Mithilfe von Protein-Engineering können diese Limitierungen durch Engineering und Feinabstimmung von P450s überwunden werden. Ein systemischer Blick auf die Enzymstruktur und den katalytischen Mechanismus ist für P450-Engineering-Kampagnen hinzu höheren Kopplungseffizienzen entscheidend. Dieser Review gibt einen Überblick über Faktoren, die zur Entkopplung beitragen und zeigt Protein-Engineering-Ansätze auf die zur Minimierung der Entkopplung und dadurch zur Etablierung effizienter und robuster P450s für den industriellen Einsatz beitragen. Die Entkopplungsfaktoren werden in drei Hauptgruppen eingeteilt: i) Substratbindungstasche; ii) Ligandenzugangstunnel(s); und iii) Elektronentransferweg(e). Darüber hinaus umreißen wir die Kombination von effektiven State-of-the-Art-Technologien mit verfügbaren Software-/Online-Tools für P450-Engineering-Kampagnen.
Shuaiqi Meng wurde durch ein Ph.D. Stipendium des China Scholarship Council (CSC No. 201906880011) unterstützt.
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Meng, S., Ji, Y., Zhu, L., Dhoke, G. V., Davari, M. D., Schwaneberg, U., Biotechnology Advances, doi.org/10.1016/j.biotechadv.2022.108051
Entkopplungsreaktionen schränken den Biokatalyseprozess von Cytochrom P450s in industriellen Anwendungen ein. Ein umfassendes Verständnis, das für das rationale Design von P450-Varianten mit hoher Kopplungseffizienz verwendet wird, ist für P450-Engineering-Kampagnen von entscheidender Bedeutung.
Plastibodies zum Multiplex-Nachweis und Sortierung von Mikroplastikpartikeln im Hochdurchsatzverfahren
Wiwik Bauten, Maximilian Nöth, Tetiana Kurkina, Francisca Contreras, Yu Ji, Cloé Desmet, Miguel-Ángel Serra, Douglas Gilliland, Ulrich Schwaneberg., Science of the Total Environment, doi.org/10.1016/j.scitotenv.2022.160450
Fluoreszenzmarkierte polymerbindende Peptide (Plastibodies) in Kombination mit Durchflusszytometrie ermöglicht eine Multiplex-Quantifizierung und -Sortierung fluoreszierender Mikroplastikpartikel im Hochdurchsatzverfahren mit hoher Effizienz und Genauigkeit (>90%).
Die potenziellen gesundheitlichen und ökologischen Risiken, die mit der Verunreinigung durch Mikroplastik verbunden sind, erfordern die Entwicklung neuer Analysemethoden zur Quantifizierung und Sortierung von Mikroplastikpartikeln in wässrigen Suspensionen. Die Sortierung von Mikroplastik würde eine anschließende Quantifizierung der toxischen Verbindungen durch ergänzende Techniken ermöglichen, die in verschiedenen Arten von Mikroplastik eingeschlossen sind. Ankerpeptide bzw. Materialbindende Peptide (MBPs) sind materialspezifisch und binden stark an synthetische Polymere wie Polystyrol, Polypropylen, Polyethylenterephthalat und Polyurethan. Sie können als biotechnologisches Werkzeug zur Markierung von Mikroplastik verwendet werden. In der vorliegenden Studie berichten wir über eine Methode zur Quantifizierung von Mikroplastik auf der Grundlage eines modifizierten MBPs (LCIF16C, technisch verändertes MBPs Liquid Chromatography Peak I, Ersetzen der Aminosäure Phe16 durch Cys). Nach Konjugation mit drei Alexa-Fluorophoren (AF488, AF594 und AF647) entstehen die drei fluoreszierenden materialbindende Peptide (Plastibodies) LCIF16C-AF488, LCIF16C-AF594 und LCIF16C-AF647, welche anschließend mittels Durchflusszytometrie zur fluoreszenzaktivierten Zellsortierung (FACS) eingesetzt werden können. Die genaue Unterscheidung von markierten und nicht markierten Partikeln durch Durchflusszytometrie (Chi-Quadrat-Test, p < 0,01) bestätigt die Effizienz der gewählten Markierungsstrategie und verifiziert die Leistungsfähigkeit der Durchflusszytometrie für die Quantifizierung von Mikroplastik in verschiedenen Gemischen. Gemische aus Polystyrol-Mikroplastik unterschiedlicher Größe (500 nm bis 5 µm) und unterschiedlich markierter Populationen wurden analysiert und in verschiedene Populationen sortiert, wobei eine Sortiereffizienz von >90 % für 1x106 sortierte Ereignisse (Events) erreicht wurde. Schließlich wurde eine Multiplex-Quantifizierung und -Sortierung mit bis zu drei Plastibodies erfolgreich durchgeführt, um zu bestätigen, dass die Kombination von Plastibodies und Durchflusszytometrie eine leistungsstarke und allgemein anwendbare Methode für die Multiplex-Analyse, Quantifizierung und Sortierung von Mikroplastikpartikeln ist.
Wir bedanken uns für die finanzielle Unterstützung bei dem Projekt "BioProMare: PLASTISEA" (Harvesting the marine Plastisphere for novel cleaning concepts); [FKZ: 031B0867E]) und BioökonomieREVIER_INNO PlastiQuant (FKZ: 031B0918E), Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).
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Wiwik Bauten, Maximilian Nöth, Tetiana Kurkina, Francisca Contreras, Yu Ji, Cloé Desmet, Miguel-Ángel Serra, Douglas Gilliland, Ulrich Schwaneberg., Science of the Total Environment, doi.org/10.1016/j.scitotenv.2022.160450
Enzym-Hydratisierung: Wie man die Widerstandsfähigkeit in ionischen Flüssigkeiten erhält
Cui, H., Zhang, L., Eltoukhy, L., Markel, U., Jaeger, K. E., Schwaneberg, U., Davari, M. D., ACS Sustainable Chem. Eng. 2022, 10, 46, 15104–15114
Die Hydratisierung von Enzymen bestimmt die Beständigkeit von Enzymen in ionischen Flüssigkeiten
In den letzten zehn Jahren hat die Biokatalyse große Fortschritte gemacht. Es besteht ein dringender Bedarf an umweltfreundlichen und nachhaltigen Medien für die Biokatalyse in der Industrie, da die Umwelt durch flüchtige organische Lösungsmittel beeinträchtigt werden kann. Ionische Flüssigkeiten (Ionic Liquids: ILs) bieten potenziell ein alternatives Reaktionsmedium für Enzym-katalysierte Synthesen, da sie die Verdunstung von Lösungsmitteln und die Umweltbelastung verringern, schwer entflammbar sind und sich gut wiedergewinnen lassen. Allerdings sind ILs als Reaktionsmedien oft durch die geringe enzymatische Aktivität und Stabilität in ILs eingeschränkt. Wir haben eine umfassende IL-Enzym-Interaktionskarte erstellt, indem wir 45 molekulare Beobachtungen von 30 Bacillus subtilis Lipase A (BSLA) Varianten in vier ILs und eine Substitutionslandschaft mit 1504 BSLA Varianten untersucht haben. Die Ergebnisse zeigten, dass die Hydratationshülle des Enzyms der entscheidende und unabhängige Faktor ist, der die IL-Resistenz des Enzyms bestimmt. Eine universelle positive Korrelation (bis zu R2 = 0,96 bei 1-Butyl-3-methylimidazoliumtrifluormethansulfonat ([BMIM][TfO]) und R2 = 0,85 bei 1-Butyl-3-methylimidazoliumchlorid ([BMIM]Cl)) wurde nachgewiesen, und eine experimentell abgeleitete Rangfolge der Aminosäuresubstitutionen ist in einer Liste zusammengefasst, um Vorteile für eine bessere Proteinentwicklungspraxis zu bieten. Durch hydratationsgesteuertes Engineering wurde eine äußerst tolerante BSLA-Variante I12R/D34K/A132K mit einer 8,1-fachen, 8,6-fachen, 6,6-fachen bzw. 4,6-fachen verbesserten Toleranz gegenüber [BMIM]Cl, [BMIM]Br, [BMIM]I und [BMIM][TfO] im Vergleich zum Wildtyp-BSLA erzeugt. Die gewonnenen Erkenntnisse liefern eine Lektion zur Vorhersage der Enzymstabilität in ILs und vereinfachen ein rationales Design der IL-toleranten Enzyme.
Dr. Haiyang Cui war von 2016-2020 Doktorand in der Gruppe von Prof. Ulrich Schwaneberg und ist nun Postdoc an der University of Illinois at Urbana-Champaign, USA (Gruppe von Prof. Huimin Zhao). Diese Arbeit wurde in der Abteilung Computational Biology unter der Leitung von Dr. Mehdi D. Davari durchgeführt und wurde durch Rechenressourcen unterstützt, die von JARA-HPC der RWTH Aachen (JARA0169 und JARA0187) zur Verfügung gestellt wurden.
Um mehr zu erfahren, rufen Sie bitte die vollständige Veröffentlichung unter Publikationen und Patente ab.
Cui, H., Zhang, L., Yildiz, C.B., Eltoukhy, L., Cheng, L., Jaeger, K.E., Schwaneberg, U. and Davari, M.D., 2022. Enzyme Hydration: How to Retain Resistance in Ionic Liquids. ACS Sustainable Chemistry & Engineering. doi.org/10.1021/acssuschemeng.2c04216
BioAdhere: Maßgeschneiderte bio-adhäsive Peptide für epiretinale visuelle Prothesen
Kai-Wolfgang Hintzen, Christian Simons, Kim Schaffrath, Gernot Roessler, Sandra Johnen, Felix Jakob, Peter Walter, Ulrich Schwaneberg, Tibor Lohmann, Biomaterials Science, https://doi.org/10.1039/D1BM01946E
Bi-adhäsive Peptide wurden entworfen und zur Fixierung von intraokularen Implantaten genutzt.
Sehprothesen, d.h. epiretinale Stimulator-Arrays, sind eine vielversprechende Therapie zur Behandlung von Netzhautdystrophien und -degenerationen. Im Zuge einer neuen Generation von Geräten ist eine innovative Methode zur epiretinalen Fixierung von Stimulator-Arrays erforderlich. Wir stellen die Entwicklung maßgeschneiderter bioadhäsiver Peptide (Peptesive) zur Fixierung epiretinaler Stimulator-Arrays vor, die die Verwendung traumatischer Netzhautklammern überflüssig machen. Es wurden Bindungsmotive auf dem Stimulationsarray (Poly[chloro-p-xylylen] (Parylene C)) und in der extrazellulären Matrix der Netzhautoberfläche (Kollagene I und IV, Laminin, Fibronektin) identifiziert. Die Ankerpeptide Cecropin A (CecA), KH1, KH2 (Initialen des Autors) und Osteopontin (OPN) wurden genetisch an Reporterproteine fusioniert, um ihr Bindungsverhalten an beschichtete Mikrotiterplatten mittels fluoreszenzbasierter Assays zu untersuchen. Die Domäne Z (DZ) aus Protein A (Staphylococcus aureus) wurde als Separator verwendet, um ein bioadhäsives Peptid zu erzeugen. Es wurden direkte und nicht-direkte Zytotoxizitätstests durchgeführt. Schließlich wurden die Fixierungsfähigkeiten der Peptide in Proof-of-Principle-Experimenten getestet. Die Herstellung des bioadhäsiven Peptids erforderte die Bewertung des N- und C-terminal fusionierten Ankerpeptids. Das YmPh-CecA-Konstrukt (N-terminale Fusion) zeigte die höchste Aktivität auf Parylene C im Vergleich zur Wildtyp-Phytase ohne Ankerpeptid. Die C-terminale Ankerpeptidfusion (eGFP-OPN) band an alle vier untersuchten ECM-Proteine. Die stärkste Bindung an Kollagen I wurde für eGFP-KH1 beobachtet, während die stärkste Bindung an Fibronektin für eGFP-KH2 beobachtet wurde. Die Selektivität der Bindung wurde durch Inkubation von eGFP-CecA und eGFP-OPN mit ECM-Proteinen bzw. mit Parylene C überprüft. Direkte und nicht-direkte Zytotoxizitätstests des finalen biadhäsiven Peptids Cecropin-A-DZ-OPN zeigten gute Biokompatibilitätseigenschaften. Proof-of-Concept-Experimente an postmortalen Kaninchenaugen deuteten auf eine erhöhte Adhäsion der mit CecA-DZ-OPN beschichteten Stimulationsarrays hin. Dies ist die erste Studie, die die Anwendbarkeit und Biokompatibilität von Peptesiven für die Fixierung makroskopischer Objekte belegt.
Diese Arbeit wurde vom RWTH Aachen University ERS Seed Fund (OPSF473) unterstützt.
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Kai-Wolfgang Hintzen, Christian Simons, Kim Schaffrath, Gernot Roessler, Sandra Johnen, Felix Jakob, Peter Walter, Ulrich Schwaneberg, Tibor Lohmann, Biomaterials Science, https://doi.org/10.1039/D1BM01946E
Rationales Design liefert molekulare Einblicke in die Blattbindung von Ankerpeptiden
Um die Wechselwirkungen von Atomen und Molekülen zu untersuchen und zu verstehen, wie z. B. die Haftung von Peptiden an Polymeren, werden zunehmend Molekulardynamik Simulationen eingesetzt. Während künstliche Oberflächen durch solche Computer-simulationen gut modelliert werden können, erschweren die komplexe Natur und Zusammensetzung biologischer Oberflächen, wie Pflanzenblätter und Fruchtoberflächen, die Erstellung genauer Modelle.
In dieser Arbeit, stellen wir das erste detaillierte dreischichtige atomistische Modell der Oberfläche von Apfelblättern vor und verwenden es zur Berechnung der freien Energieprofile der Adhäsion und Desorption von APs an und von dieser Oberfläche. Unser Modell wird durch einen neuartigen fluoreszenzbasierten Mikrotiterplattentest (MTP) validiert, der diese komplexen Prozesse nachahmt und ihre Quantifizierung ermöglicht. Für das Ankerpeptid (AP) Macaque Histatin haben wir herausgefunden, dass aromatische und positiv geladene Aminosäuren auf einer Seite der Helix wesentlich zur Bindung an das Oberflächenwachs von Apfelblättern beitragen. Der etablierte Arbeitsablauf eröffnet Möglichkeiten für weitere experimentelle und rechnerische Studien, die sich mit Blattanwendungen befassen, wie z. B. die Optimierung von APs und die Untersuchung der Adsorption, Inkorporation oder Diffusion von Herbiziden, Fungiziden oder Nährstoffen auf, in oder durch das Oberflächenwachs, das Cutin oder die Zellulose. Final können die erstellten atomistischen Modelle und der MTP-Test an verschiedene Pflanzentypen und Wachstumsbedingungen angepasst werden.
Diese Arbeiten wurden am Institut für Pharmazeutische und Medizinische Chemie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, am Institut für Biotechnologie der RWTH Aachen, im DWI - Leibniz-Institut für Interaktive Materialien, in der Abteilung für Ökophysiologie und dem Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz (INRES) der Universität Bonn, im John von Neumann-Institut für Computing (NIC), dem Jülich Supercomputing Centre (JSC), im Institut für Biologische Informationsverarbeitung (IBI-7: Strukturelle Biochemie) und Institut für Bio- und Geowissenschaften (IBG-4: Bioinformatik) der Forschungszentrum Jülich GmbH realisiert.
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Dittrich J, Brethauer C, Goncharenko L, Bührmann J, Zeisler-Diehl V, Pariyar S, Jakob F, Kurkina T, Schreiber L, Schwaneberg U, Gohlke H., ACS Appl Mater Interfaces, 2022, doi.org/10.1021/acsami.2c00648
In silico und kinetische Modellierung eines neuen allosterischen Inhibitors für die menschliche Protease ADAM17
Entschlüsselung der ADAM17-Inhibitionsmechanismen ermöglicht die Entwicklung neuer Methoden zur Untersuchung der selektiven Hemmung, um vielversprechende pharmazeutische Substanzen mit höherer Selektivität zu identifizieren
In der neuen Publikation von Marian wurde die allosterische Hemmung der menschlichen endogenen Protease ADAM17 untersucht. Eine neu gefundene Verbindung (CID17) erwies sich zuvor als aktiver Modulator, der die Aktivität von ADAM17 allosterisch regulieren kann. Experimentelle kinetische Modellierung sowie computergestützte molekulare Docking-Experimente belegten den bis dahin hypothetischen modulierenden Inhibitor-Mechanismus. Durch Molecular Docking konnte die genaue Bindestelle des beschriebenen Exosite Inhibitors identifiziert werden. Des Weiteren dienen die Docking Ergebnisse und die Charakterisierung des Inhibitors als Grundlage für zukünftige Entwicklung neuer allosterischer Inhibitoren für ADAM17 im Hochdurchsatz Verfahren. Somit könnte der gefundene Inhibitor die derzeit in der Medizin verwendeten Inhibitoren ersetzen, die derzeit aufgrund ihrer unspezifischen Inhibition von Metalloproteasen für schwere Nebenwirkungen verantwortlich sind.
Diese Arbeit wurde in der Abteilung Computational Biology durchgeführt und durch die RWTH Aachen (ERS Seed Fund Call MScale) und die DFG-Förderung DR1013/1 1 ermöglicht. Die Simulationen wurden mit Rechenressourcen durchgeführt, die von JARA-HPC der RWTH Aachen im Rahmen des Projekts RWTH0116 zur Verfügung gestellt wurden.
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Bienstein M., Minond D., Schwaneberg U., Davari M.D., Yildiz D.; In Silico and Experimental ADAM17 Kinetic Modeling as Basis for Future Screening System for Modulators; IJMS, 2022, DOI:10.3390/ijms23031368
Polare Substitutionen auf der Oberfläche einer Lipase verbessern die Toleranz in organischen Lösungsmitteln erheblich
Dr. Haiyang Cui, Markus Vedder, Prof. Dr. Lingling Zhang, Prof. Dr. Karl-Erich Jaeger, Prof. Dr. Ulrich Schwaneberg*, Dr. Mehdi D. Davari*, ChemSusChem, doi.org/10.1002/cssc.202102551
Oberflächenpolarisierung ist eine wirksame Strategie zur Erzeugung OS-toleranter Lipasen und anderer Enzyme
Die Biokatalyse in organischen (Co-)Lösungsmitteln (OS) bietet zahlreiche industriell attraktive Vorteile, z. B. die günstige Verschiebung von Reaktionsgleichgewichten, die erhöhte Löslichkeit von Substrat/Produkt, der Wechsel von Substratspezifität und Enantioselektivität, die Unterdrückung von wasserabhängigen Nebenreaktionen und die einfache Produktrückgewinnung. Enzymatische Reaktionen in OS ermöglichen es somit die Syntheseleistung von Enzymen mit der chemischen Synthese in industriellen und pharmazeutischen Bereichen effizient zu kombinieren. Allerdings führen OS häufig zu einem dramatischen Abfall der katalytischen Aktivität von Enzymen und sogar zu deren Deaktivierung. In diesem Artikel berichten wir über ein umfassendes Verständnis der Wechselwirkungen zwischen polaren Oberflächensubstitutionen und DMSO, indem wir die Molekulardynamik (MD)-Simulationen von 45 Varianten der Bacillus subtilis Lipase A (BSLA) und die Substitutionslandschaft der "BSLA-SSM"-Bibliothek kombinieren/integrieren. Die systematische Analyse von 39 auf Struktur-, Solvatations- und Wechselwirkungsenergie basierende Beobachtungen führten zur Erkenntnis, dass die Aufrechterhaltung der Hydratationsschale, die DMSO-Reduktion und die verringerte lokale Flexibilität zusammen die Stabilität der polaren Enzym-Varianten in OS bestimmen. Darüber hinaus zeigten die Fingerabdrücke von 1644 polaren Varianten in drei OS, dass der Austausch von aromatischen gegen polare Reste ein großes Potenzial zur Verbesserung der Widerstandsfähigkeit gegen OS hat. Daher ist das Polar-Engineering an der Oberfläche eine wirksame Strategie zur Erzeugung OS-toleranter Lipasen und anderer Enzyme, wodurch der Katalysator an die gewünschte Reaktion und den Prozess mit OS angepasst werden kann. Die Entschlüsselung der molekularen Prinzipien, die zur Resistenz der Enzyme gegenüber OS führen, liefert außerdem wichtige Erkenntnisse für die Durchführung von Protein-Engineering-Kampagnen und die Förderung der Biokatalyse in OS.
Haiyang Cui wird durch das China Scholarship Council (CSC) Stipendium finanziell unterstützt. Diese Arbeit wurde in der Abteilung Computational Biology realisiert und wurde durch Rechenressourcen unterstützt, die von JARA-HPC der RWTH Aachen University (JARA0169 und JARA0187) bereitgestellt wurden.
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Cui, H., Vedder, M., Zhang, L., Jaeger, K. E. Schwaneberg, U, & D. Davari, M. Polar substitutions on the surface of a lipase substantially improve tolerance in organic solvents. ChemSusChem. https://doi.org/10.1002/cssc.202102551
Abbildung. Molekulardynamik (MD)-Simulationen von 45 Varianten von Bacillus subtilis Lipase A (BSLA) und die Substitutionslandschaft der "BSLA-SSM"-Bibliothek ermöglichten ein umfassendes molekulares Verständnis der Wechselwirkungen zwischen polaren Oberflächen-Substitutionen und DMSO.
ChemCatChem (1/2022) Titelthema: Diversifizierung von Naturstoffen durch einstufige Biokatalyse mit dem humanen Enzym P450 3A4
In dieser Forschungsarbeit wurde das synthetische Potenzial des humanen Enzymes Cytochrom P450 3A4 als Ganzzell-Biokatalysator auf der Basis von Pichia pastoris für die Diversifizierung von Naturstoffen erfolgreich untersucht.
In diesem Artikel untersuchten N.D. Fessner et al. das Potenzial des humanen Enzymes P450 CYP3A4 für die Diversifizierung mehrerer Verbindungen, die zu einer Reihe verschiedener Naturproduktklassen wie Terpene, Alkaloide, Stilbenoide, Steroide und Flavonoide gehören. Das humane Enzym P450 CYP3A4 wird in der menschlichen Leber exprimiert und spielt eine entscheidende Rolle im Entgiftungssystem des Körpers. Es ist für die Entgiftung von bis zu 50 % aller von der FDA zugelassenen Medikamente verantwortlich. Die effiziente Expression dieses sehr vielseitigen Enzymes in der Hefe Komagataella phaffi (Pichia pastoris) führte zu einem effizienten Ganzzell-Biokatalysator. Es wurden 31 verschiedene authentische menschliche Metaboliten identifiziert, viele davon zum ersten Mal, und 6 wurden im Maßstab von 100 mg produziert. Dieser beispiellose Diversifizierungsgrad erweitert das Repertoire effizienter enzymatischer Naturstoffmodifikation und verleiht einem Enzym, das bisher hauptsächlich für Hemmungs- und Toxikologiestudien verwendet wurde, eine neue Dimension.
Diese Arbeit wurde durch das Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der Europäischen Union, OXYtrain MSCA-ITN, unter dem Förderkennzeichen Nr. 722390 gefördert. Dieser Artikel wurde vom TU Graz Open Access Publishing Fund unterstützt.
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Fessner, N.D., Grimm, C., Srdič, M., Kroutil, W., Schwaneberg, U., and Glieder, A. (2021), Natural Product Diversification by One-Step Biocatalysis using Human P450 3A4. ChemCatChem, Published manuscript. https://doi.org/10.1002/cctc.202101564
Entwicklung und neue Anwendungen von künstlichen Metalloenzymen mit ganzen Zellen
Malte Wittwer#, Ulrich Markel#, Johannes Schiffels, Jun Okuda, Daniel F. Sauer*, Ulrich Schwaneberg*, Nature Catalysis, 2021, 4, 814–827, DOI: 10.1038/s41929-021-00673-3
In diesem Review fassen wir die jüngsten Anwendungen von artifiziellen Metalloenzymen (ArMs) in Kombination mit ganzen Zellen zusammen und gehen auf Ansätze ein, ArMs in ganzen Zellen durch Protein Engineering Methoden maßzuschneidern.
Der Einbau von künstlichen Metall-Cofaktoren in Proteingerüste führt zu einer neuen Klasse von Katalysatoren, die als künstliche Metalloenzyme (ArMs) bezeichnet werden. Durch die Kombination von ArMs mit ganzen Zellen entstehen Ganzzellsysteme mit einem in der Natur nicht vorkommenden Reaktionsumfang. In diesem Review werden die jüngsten Erfolge von ArMs in Kombination mit ganzen Zellen in Anwendungsbereichen wie Biosensorik, Arzneimitteltherapie, synthetische Biologie und industrielle Mikrobiologie zusammengefasst. Wir gehen auch auf die Möglichkeiten ein, ArMs in ganze Zellen zu integrieren, um Methoden der gerichteten Evolution anzuwenden. Darüber hinaus gehen wir auf die Herausforderungen bei der Verwendung von ArMs in einem Ganzzellkontext ein, wie z. B. die Inaktivierung von Katalysatoren, und zeigen mögliche zukünftige Entwicklungen auf.
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Diese Arbeit wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) durch die International Research Training Group ‘Selectivity in Chemo- and Biocatalysis’ (SeleCa) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (FKZ: 031B0297) finanziell unterstützt.
Abbildung. Das ArM-Engineering in ganzen Zellen ermöglicht die Anwendung von Methoden der gerichteten Evolution mit hohem Durchsatz und kann genutzt werden, um ArMs für spezifische Anwendungen in den Bereichen Arzneimitteltherapie, Biosensorik, synthetische Biologie und industrielle Mikrobiologie maßzuschneidern.
Kill&Repel-Beschichtungen: Die Verbindung von Antifouling und bakteriziden Eigenschaften zur Linderung und Behandlung von Wundinfektionen.
M. Garay-Sarmiento, L. Witzdam, M. Vorobii, C. Simons, N. Herrmann, A. de los Santos Pereira, E. Heine, I. El-Awaad, R. Lütticken, F. Jakob, U. Schwaneberg* und C. Rodriguez-Emmenegger*; Advanced Functional Materials; DOI: 10.1002/adfm.202106656
Wundinfektionen entstehen, wenn exogene oder endogene bakterielle Erreger die Barriere der Wundauflage überwinden und in das Wundbett eindringen können. Die bakterielle Besiedlung führt zu Entzündungen, verzögert den Heilungsprozess und birgt das Risiko der Ausbreitung auf andere Gewebe. Darüber hinaus gelingt es den derzeitigen antimikrobiellen Verbänden nicht, eine einmal entstandene Infektion zu beseitigen, da sich die Rückstände der abgetöteten Bakterien schnell auf ihrer Oberfläche ansammeln und die antimikrobielle Wirkung behindern. Angesichts dieser Herausforderung wurden hybride synthetisch-natürliche wasserlösliche Makromoleküle entwickelt, die sich selbst auf der Oberfläche von Verbänden anordnen, um eine Anti-Fouling Oberfläche zu erzeugen, die mit Endolysinen funktionalisiert ist (hydrolytische bakterizide Enzyme, die die Zellwände der Bakterien auflösen und für eukaryotische Zellen unschädlich sind). Die gleichzeitige Wirkung der Anti-Fouling Polymerbürsten und des Enzyms verhindert nicht nur die Besiedlung der Wundauflage, sondern ermöglicht es der Beschichtung ebenfalls, Bakterien mit noch höherer Effizienz abzutöten als das freie Enzym. Bemerkenswerterweise konnte die Kill&Repel-Beschichtung bei einer simulierten Infektion Bakterien vollständig abtöten, ohne dass sich Rückstände auf der Oberfläche festsetzen konnten. Damit eröffnet diese Strategie einen revolutionären Ansatz für den Schutz und die Behandlung einer infizierten Wunde auf eine sicherere und effizientere Weise.
Diese Arbeit wird finanziell unterstützt durch die Forschungsvereinigung Forschungskuratorium Textil e.V. gefördert über AiF, Forschungsprojekt IGF-Nr. 19893 N im Rahmen des Förderprogramms "Industrielle Gemeinschaftsforschung" (IGF) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages. Diese Arbeit wurde teilweise auch am Center of Chemical Polymer Technology CPT durchgeführt, das von der EU und dem Land Nordrhein-Westfalen gefördert wurde (Zuschuss EFRE 30 00 883 02).
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M. Garay-Sarmiento, L. Witzdam, M. Vorobii, C. Simons, N. Herrmann, A. de los Santos Pereira, E. Heine, I. El-Awaad, R. Lütticken, F. Jakob, U. Schwaneberg,* and C. Rodriguez-Emmenegger* DOI: 10.1002/adfm.202106656
Abbildung. Kill&Repel: LCI-eGFP-Polymer verhindert, dass Proteine, Hautzellen und Bakterien an der Wundauflage haften. Wenn jedoch Bakterien die Barriere überwunden haben, ist die Beschichtung mit LCI-EndLys ausgestattet, das das Peptidoglykan des Bakteriums bei Kontakt hydrolysiert und so dessen Tod verursacht. Die Reste der abgetöteten Bakterien werden dann durch LCI-eGFP-Polymer von der Oberfläche abgestoßen.
Protein-Engineering durch effiziente Erforschung des Sequenzraums durch eine Kombination von gerichteter Evolution und computergestützten Designmethoden
In diesem Buchkapitel haben Subrata und Mitarbeiter die aktuelle Strategie des Protein-Engineerings durch effiziente Erforschung des Sequenzraums mittels einer Kombination aus gerichteter Evolution und computergestützten Designmethoden untersucht. Die Bedeutung des Protein-Engineerings für unsere Gesellschaft wurde durch die Verleihung des Nobelpreises für Chemie 2018 an Frances H. Arnold, George P. Smith und Sir Gregory P. Winter für ihre bahnbrechenden Arbeiten zur gerichteten Evolution von Enzymen und zum Phage Display von Peptiden und Antikörpern gewürdigt.
In diesem Buchkapitel wurden Protein-Engineering-Strategien vorgestellt, die gerichtete Evolution und computergestützte Methoden (z. B. FRESCO, FoldX, CNA, PROSS, ProSAR) kombinieren, um Enzyme effizient umzugestalten. In diesem Zusammenhang wurde die "KnowVolution"-Strategie hervorgehoben, die allgemein anwendbar ist, den experimentellen Aufwand minimiert, ein molekulares Verständnis jeder Position/Aminosäuresubstitution erzeugt und erfolgreich auf ein breites Spektrum von Enzymen und deren Eigenschaften angewendet wurde. Schließlich lenkten wir die Aufmerksamkeit auf eine mögliche Zukunft des robusten computergestützten Designs durch "in silico"-Methoden durch die Entwicklung von Quantencomputern und maschinellen Lernansätzen, die das Versprechen halten, die Proteinsequenz vollumfänglich zu erforschen und dadurch den riesigen Designraum, den die Natur bietet, effizient zu nutzen.
Diese Arbeit wurde mit Mitteln der RWTH Aachen und des DWI-Leibniz-Institut für Interaktive Materialien gefördert. Wir bedanken uns beim Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (FKZ: 031B0506) für die finanzielle Unterstützung im Rahmen von Bioeconomy International. Wir danken Dr. Daniel Friedrich Sauer für die Hilfe bei der Erstellung der Abbildung.
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Pramanik, S., Contreras, F., Davari, M.D. and Schwaneberg, U. (2021). Protein Engineering by Efficient Sequence Space Exploration Through Combination of Directed Evolution and Computational Design Methodologies. In Protein Engineering (eds H. Zhao, S.Y. Lee, J. Nielsen and G. Stephanopoulos). https://doi.org/10.1002/9783527815128.ch7
KnowVolution der Prodigiosin-Ligase PigC zur Kondensation von kurzkettigen Prodigininen
Brands, S., Brass, H. U. C., Klein, A. S., Sikkens, J. G., Davari, M. D., Pietruszka, J., Ruffa, A. J., Schwaneberg, U. (2021). KnowVolution of prodigiosin ligase PigC towards condensation of short-chain prodiginines. Catalysis Science & Technology, 11, 8, 2805-2815, DOI: 10.1039/D0CY02297G
PigC-Varianten aus einer Evolutionskampagne eröffnen einen Biosyntheseweg für kurzkettige Prodiginine.
Die Prodigiosin-Ligase PigC katalysiert den letzten Kondensationsschritt in der Prodigiosin-Biosynthese von Serratia marcescens, bei dem zwei Pyrrol-Vorläufermoleküle linear zu tripyrrolischen roten Prodigininen fusioniert werden. Prodigininverbindungen sind seit ihrer Strukturaufklärung in den 1960er Jahren aufgrund ihrer vielfältigen Bioaktivitäten (z. B. antibiotische, nematizide oder krebshemmende Wirkungen) als pharmazeutische Wirkstoffe von großem Interesse. Als Schlüsselenzym des Prodigiosin-Biosynthesewegs stellt PigC aufgrund seiner begrenzten Substratakzeptanz einen Engpass für eine effiziente, breit angelegte Prodigininproduktion dar. Insbesondere die Biosynthese von kurzkettigen Prodigininen ist aufgrund ihrer wirksamen krebsbekämpfenden Eigenschaften von großem synthetischen Interesse. In dieser Studie wurde PigC nach der KnowVolution-Strategie erfolgreich so verändert, dass das Enzym kurzkettige Pyrrole effizient akzeptiert. Es wurden verbesserte Varianten mit einer bis zu 10,7-fach erhöhten kcat (7,5 ± 0,4 min-1 im Vergleich zu 0,7 ± 0,1 min-1 für den PigC-Wildtyp) und einer fast 40-fach erhöhten katalytischen Effizienz (kcat/KM = 23,9 ± 3,6 mM-1 s-1 im Vergleich zu 0,6 ± 0,1 mM-1 s-1 für den PigC-Wildtyp) für kurzkettige Pyrrole identifiziert. Die letzte und aktivste PigC-Variante S1 trug zwei Aminosäuresubstitutionen (I365G/M671V) in der substratbindenden Domäne in der Nähe eines Substrattunnels und akzeptierte kleine Pyrrole. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass aus der gezielten Evolutionskampagne PigC Varianten hervorgingen, die einen Biosyntheseweg für kurzkettige Prodiginine eröffnen.
Die Arbeiten von Stefanie Brands wurden vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft im Rahmen des NRW Strategieprojekts BioSC (Nr. 313/323-400-00213) finanziell unterstützt.
Um mehr zu erfahren, rufen Sie bitte das vollständige Papier unter Publikationen und Patente auf und
Brands, S., Brass, H. U. C., Klein, A. S., Sikkens, J. G., Davari, M. D., Pietruszka, J., Ruffa, A. J., Schwaneberg, U. (2021). KnowVolution of prodigiosin ligase PigC towards condensation of short-chain prodiginines. Catalysis Science & Technology, 11, 8, 2805-2815, DOI: 10.1039/D0CY02297G
Verständnis der Substratbindung und der Rolle von Gatekeeping-Resten in PigC-Zugangstunneln
Brands, S., Sikkens, J. G., Davari, M. D., Brass, H. U. C., Klein, A. S., Pietruszka, J., Ruffa, A. J., Schwaneberg, U. (2021). Understanding substrate binding and the role of gatekeeping residues in PigC access tunnels. Chemical Communications, 57, 21, 2681-2684, DOI: 10.1039/d0cc08226k
Molekulares Verständnis der Substratbindung und der Gatekeeping-Reste von PigC eröffnen den Weg zu pharmazeutisch interessanten kurzkettigen Prodigininen.
Prodigiosin-Ligase PigC katalysiert den letzten Schritt der Prodigiosin-Biosynthese von Serratia marcescens. Die ATP-abhängige Kondensation führt zur Verschmelzung von zwei pyrrolischen Prodigiosin-Vorstufen, 4-Methoxy-2,2′-bipyrrol-5-carbaldehyd und 2-Methyl-3-amyl-1H-pyrrol, wodurch das rote Pigment und Sekundärmetabolit Prodigiosin entsteht. Prodigiosin-Derivate bilden die Verbindungsklasse der Prodiginine, die aufgrund ihrer vielfältigen Bioaktivität in den Fokus der Wissenschaft gerückt sind. Prodiginine wirken gegen pflanzenpathogene Nematoden und Pilze und können als potenzielle Pestizide in der Landwirtschaft angewendet werden. Darüber hinaus bietet ihrer Bioaktivität gegen Krebszellen ein Potenzial für die pharmazeutische Anwendung. Durch eine semirationale Umgestaltung der Substratbindungstasche und der Zugangstunnel der Prodigiosin-Ligase PigC konnte die katalytische Effizienz bei der Synthese von pyrrolischen Antikrebsmitteln um mehr als das 45-fache gesteigert werden. Es wurde ein molekulares Verständnis der Reste V333 und T334 gewonnen, die für die Substratbindung und die Translokation kleiner Pyrrole durch die PigC-Zugangstunnel relevant sind. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die PigC-Variante V3 (T334A/R674Q) den synthetischen Zugang zu pharmazeutisch interessanten kurzkettigen Prodigininen ermöglicht (kcat um das 3,4-fache gegenüber dem PigC-Wildtyp erhöht, von 0,9 min-1 auf 3,1 min-1). Das molekulare Verständnis der Gatekeeper-Rolle von Rest T334 als polare Barriere im Substratzugangstunnel 3 und der Schlüsselposition 333 in der Substratbindungstasche liefern wertvolle Erkenntnisse über den katalytischen Mechanismus von PigC und ermöglicht rationale PigC-Engineering-Studien, um das Substratprofil zu erweitern und die katalytische Leistung zu verbessern.
Die Arbeiten von Stefanie Brands wurden vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft im Rahmen des NRW Strategieprojekts BioSC (Nr. 313/323-400-00213) finanziell unterstützt.
Um mehr zu erfahren, rufen Sie bitte das vollständige Papier unter Publikationen und Patente auf und
Brands, S., Sikkens, J. G., Davari, M. D., Brass, H. U. C., Klein, A. S., Pietruszka, J., Ruffa, A. J., Schwaneberg, U. (2021). Understanding substrate binding and the role of gatekeeping residues in PigC access tunnels. Chemical Communications, 57, 21, 2681-2684, DOI: 10.1039/d0cc08226k
Fortschritte auf dem Weg zu einem bicarbonat-basierten Mikroalgenproduktionssystem
Bereitstellung einer effizienten und nachhaltigen Methode zur deutlichen Produktionskostensenkung von Mikroalgen für deren großtechnische Anwendung.
Zhu,C.Chen, S., Ji, Y., Schwaneberg, U., Chi, Z., Trends in Biotechnology, doi.org/10.1016/j.tibtech.2021.06.005
Die nachhaltige Entwicklung der Gesellschaft hängt in hohem Maße von einer effizienten Produktion von Biomasse ab und bisher ungenutzter Möglichkeiten zur Primärproduktion von Biomasse bieten erhebliches Potential. Eine vielversprechende Ressource sind Mikroalgen, die aufgrund ihrer hohen Produktivität, ihres hohen Gehalts an Zielprodukten, ihrer Anpassungsfähigkeit an raue Umgebungsbedingungen und ihres minimalen Flächenverbrauchs durch die Nutzung des Ozeans erhebliche Vorteile gegenüber terrestrischen Pflanzen aufweisen. Mikroalgen haben auch ein großes Potenzial für die CO2-Fixierung, die Behandlung von Abwasser und den biologischen Abbau von Kunststoffen. Diese kommerziellen Anwendungen werden jedoch durch die hohen Produktionskosten von Mikroalgen limitiert und der konventionelle Ansatz der Kohlenstoffversorgung ist einer der Hauptgründe dafür.
Durch die Verwendung von hochkonzentriertem Bikarbonat als Kohlenstoffquelle ist das Bikarbonat-basierte Kohlenstoffabscheidungs- und Algenproduktionssystem (BICCAPS) eine vielversprechende Lösung, um die Produktionskosten für Mikroalgen deutlich zu senken, da es potenzielle Vorteile bei der Kohlenstoffversorgung, der Entwicklung von PBR, der Biomasseernte sowie bei der Arbeits- und Energieeinsparung bietet. Diese Publikation fasst diese Vorteile sowie die jüngsten Fortschritte umfassend zusammen und bestätigt ihr Potenzial, die Kosten der Mikroalgenproduktion erheblich zu senken. Die Nachteile und Herausforderungen bei der Verbesserung der Leistung der BICCAPS wurden ebenfalls kritisch bewertet und mögliche Lösungen für diese Probleme wurden diskutiert. Schließlich wurde ein Ausblick auf zukünftige Forschungsbestrebungen zur weiteren Verbesserung der Produktionseffizienz und zur Reduzierung des Energieeinsatzes für die BICCAPS gegeben. Diese Arbeit ist ein sehr interessanter und wertvoller Beitrag zur Mikroalgenbiotechnologie und bietet eine praktische Lösung, um mit Hilfe von Mikroalgen kohlenstoffneutral zu werden.
Dr. Chenba Zhu arbeitet in der Untergruppe "PlastiQuant" und konzentriert sich auf den Abbau von Mikroplastik durch Mikroalgen. Diese Arbeit wurde von der National Natural Science Foundation of China (41861124004), Fundamental Research Funds for the Central Universities [DUT18RC(3)041], Major and Special Program on Science and Technology Projects in Dalian City (2020ZD23SN009) und China Postdoctoral Science Foundation (2019M650054) unterstützt.
Weitere Informationen finden Sie in der vollständigen Veröffentlichung unter Publikationen und Patente und
Zhu,C.Chen, S., Ji, Y., Schwaneberg, U., Chi, Z., Trends in Biotechnology, doi.org/10.1016/j.tibtech.2021.06.005.
Enzymmimetische Mikrogelbeschichtung zur Hemmung der Thrombozytenaktivierung durch endogenes Stickstoffmonoxid
Hosseinnejad A., Fischer T., Jain P., Bleilevens C., Jakob F., Schwaneberg U., Rossaint R., Singh S., Journal of Colloid and Interface Science, doi.org/10.1016/j.jcis.2021.05.143
Eine Anti-Fouling-Mikrogelbeschichtung, die Glutathionperoxidase nachahmt, hemmt die Thrombozytenaktivierung und verlängert die Blutgerinnungszeit.
Stickstoffmonoxid (NO), das von einem gesunden Endothel kontinuierlich gebildet wird, verhindert die Aktivierung von Blutplättchen und erhält die vaskuläre Homöostase aufrecht. Wenn jedoch künstliche Oberflächen mit Blut in Berührung kommen, kommt es zur Proteinadsorption und Thrombozytenaktivierung, was schließlich zur Thrombusbildung führt. Um dieses Problem zu lösen, stellen wir eine Anti-Fouling-Mikrogelbeschichtung vor, die die Funktion des Enzyms Glutathionperoxidase nachahmt, das im Blutplasma endogen NO aus endogenen NO-Donatoren erzeugt und einen physiologischen NO-Fluss aufrechterhält. Die Mikrogele werden durch Copolymerisation von hochhydrophilem N-(2-Hydroxypropyl)methacrylamid (HPMA) und Glycidylmethacrylat (GMA) mit Diselenid-Vernetzungen synthetisiert. Biotechnisch hergestellte amphiphile Ankerpeptide mit freien Thiolen werden zur Immobilisierung der Mikrogele auf hydrophoben Poly(4-methylpenten) (TPX)-Membranen verwendet. Die hydrophile Beschaffenheit der Mikrogelbeschichtung verhindert die Proteinadsorption, während die reversiblen Diselenidbrücken die Mikrogele auf die reduzierende Umgebung reagieren lassen und zur Bildung reaktiver Selenole/Selenolate führen. Dies ermöglicht eine effiziente und anhaltende NO-Freisetzung aus endogenen S-Nitrosothiolen (RSNO) und ahmt die enzymatische Funktion der Glutathionperoxidase nach. Bei Kontakt mit Vollblut hemmte die Mikrogel-Beschichtung die Thrombozytenaktivierung und verlängerte die Blutgerinnungszeit.
Diese Arbeit wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) über das Schwerpunktprogramm ''Towards an Implantable Lung'' (Projektnummer: 347367912 und RO 2000/25-1) unterstützt.
Zugang zu der Publikation finden Sie unter Publikationen und Patente und unter
Hosseinnejad A., Fischer T., Jain P., Bleilevens C., Jakob F., Schwaneberg U., Rossaint R., Singh S., Journal of Colloid and Interface Science, doi.org/10.1016/j.jcis.2021.05.143
Die molekulare Grundlage der spektralen Abstimmung in blau- und rotverschobenen Flavin-bindenden fluoreszierenden Proteinen
Röllen, K., Granzin, J., Remeeva A., Davari, M. D., Gensch, T., Nazarenko V. V., Kovalev, K., Bogorodskiy, A., Borshchevskiy, V., Hemmer, S., Schwaneberg, U., Gordeliy, V., Jaeger, K. E., Batra-Safferling, R., Gushchin, I., Krauss, U., Journal of Biological Chemistry, doi.org/10.1016/j.jbc.2021.100662
Blau- und rotverschobene Varianten des Flavin-bindenden fluoreszierenden Proteins sind vielversprechende Werkzeuge für Anwendungen in den Biowissenschaften.
Photoaktive biologische Systeme verändern die optischen Eigenschaften ihrer Chromophore, was als spektrale Abstimmung bezeichnet wird. Die Bestimmung des molekularen Ursprungs der spektralen Abstimmung ist entscheidend für das Verständnis der Funktion und die Entwicklung von Anwendungen für diese Biomoleküle. Die spektrale Abstimmung von Flavin-bindenden fluoreszierenden Proteinen (FbFPs), einer aufstrebenden Klasse von fluoreszierenden Reportern, ist durch ihre Abhängigkeit von proteingebundenen Flavinen begrenzt, deren Struktur und damit elektronische Eigenschaften nicht durch Mutationen verändert werden können. Eine blauverschobene Variante des aus Pflanzen stammenden verbesserten Licht-, Sauerstoff- und Spannungs-FbFP wurde durch die Einführung eines Lysins in die Flavin-Bindungstasche geschaffen. Die molekulare Grundlage dieser Verschiebung ist noch nicht geklärt. In dieser Arbeit wird die blauverschobene verbesserte Licht-Sauerstoff-Spannungs-Variante strukturell charakterisiert und ein neues blauverschobenes CagFbFP-Protein wird durch Einführung einer analogen Mutation konstruiert. Die Röntgenstrukturen beider Proteine zeigen, dass die Verschiebung des Lysins weg vom Chromophor und die Öffnung der Struktur für die Blauverschiebung verantwortlich sind. Die Strukturanalyse ergab, dass die Lysin-Seitenkette der blau verschobenen Variante durch eine weitere Mutation in der Nähe des Flavins stabilisiert wird, was für die Rotverschiebung verantwortlich ist. Somit reicht eine einzige zusätzliche Mutation aus, um aus einer blauverschobenen Variante ein rotverschobenes FbFP zu erzeugen. Mithilfe von Spektroskopie, Röntgenkristallographie und quantenmechanischen Berechnungen der Molekularmechanik liefern wir ein solides strukturelles und funktionelles Verständnis der spektralen Abstimmung in FbFPs. Wir zeigen auch, dass die identifizierten blau- und rotverschobenen Varianten eine Zweifarben-Mikroskopie auf der Grundlage der spektralen Trennung erlauben. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die erzeugten blau- und rotverschobenen Varianten vielversprechende neue Werkzeuge für zahlreiche Anwendung in den Biowissenschaften darstellen.
Diese Arbeit wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) Training Group 1166 “BioNoCo” (Biocatalysis in Non-conventional Media) finanziell unterstützt und in Kollaboration mit dem Institut für Molekulare Enzymtechnologie, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, IBI-7: Structural Biochemistry, Forschungszentrum Jülich GmbH, Jülich, Germany; JuStruct: Jülich Center for Structural Biology, Forschungszentrum Jülich, Jülich, Germany; Research Center for Molecular Mechanisms of Aging and Age-Related Diseases, Moscow Institute of Physics and Technology, Dolgoprudny, Russia; Institute of Biotechnology, RWTH Aachen University, Aachen, Germany; IBI-1: Molecular and Cellular Physiology, Forschungszentrum Jülich GmbH, Jülich, Germany; Institut de Biologie Structurale Jean-Pierre Ebel, Université Grenoble Alpes-Commissariat à l’Energie Atomique et aux Energies Alternatives–CNRS, Grenoble, France; Institute of Crystallography, RWTH Aachen University, Aachen, Germany; IBG-1: Biotechnology, Forschungszentrum Jülich GmbH, Jülich, Germany; DWI-Leibniz Institute for Interactive Materials, Aachen, Germany realisiert. Diese Arbeit wurde durch Rechenressourcen untersützt, die von JARA-HPC der RWTH Aachen University (JARA0065) bereitgestellt wurden.
Zugang zu der Publikation finden Sie unter Publikationen und Patente und unter
Röllen, K., Granzin, J., Remeeva A., Davari, M. D., Gensch, T., Nazarenko V. V., Kovalev, K., Bogorodskiy, A., Borshchevskiy, V., Hemmer, S., Schwaneberg, U., Gordeliy, V., Jaeger, K. E., Batra-Safferling, R., Gushchin, I., Krauss, U., Journal of Biological Chemistry, doi.org/10.1016/j.jbc.2021.100662
Chemogenetische Entwicklung von Nitrobindin zu einer künstlichen Epoxygenase
Sauer D. F., Wittwer M., Markel U., Minges A., Spiertz M., Schiffels J., Davari M. D., Groth G., Okuda J., and Schwaneberg U., Catalysis Science & Technology, doi.org/10.1039/D1CY00609F
Ein chemogenetischer Ansatz und gezielte Evolution ermöglichten die Umwandlung eines natürlichen Metalloproteins in ein künstliches Metalloenzym mit einer >7-fachen Steigerung der Aktivität.
Das chemogenetische Engineering von Metalloproteinen erweist sich als eine leistungsfähige Strategie zur Erzeugung von Proteinen, die nicht natürliche Reaktionen katalysieren oder nicht natürliche Substrate umwandeln. Hier berichten wir über ein künstliches Metalloenzym, das auf dem β-Fass-Protein Nitrobindin (NB) basiert und mit einem Mangan-Protoporphyrin IX-Katalysator (MnPPIX@NB) für die Epoxidierung von aromatischen Alkenen ausgestattet ist. Nach dem Austausch des Metall-Cofaktors und zwei Runden gerichteter Evolution zeigt unser künstliches Metalloenzym eine verbesserte Aktivität (>7-fache Steigerung) mit einem Enantiomerenüberschuss von 20%. Die Evolutionskampagne zeigte auch die Bedeutung des proximalen Liganden für die Peroxidaktivierung und den anschließenden Sauerstoffatomtransfer. Durch die Verwendung von zelladhäsionsfördernden Peptiden wird eine einfache Strategie zur Immobilisierung künstlicher Metalloenzyme auf der Oberfläche von E. coli-Zellen für die On-Cell-Katalyse und das chemogenetische Engineering von künstlichen Metalloenzymen vorgestellt. Wir gehen davon aus, dass die Funktionalisierung der Zelloberfläche auf der Basis von Adhäsionspeptiden ein enormes Potenzial für die Einbeziehung künstlicher Enzyme in Ganzzell-Kaskadenreaktionen und katalytische On-Cell-Anwendungen hat.
Diese Arbeit wurde in der Abteilung Computational Biology durchgeführt und durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (FKZ 031B0297) gefördert. Die Unterstützung und Infrastruktur des "Center for Structural Studies" (CSS) an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert (DFG-Förderkennzeichen 417919780, INST 208/740-1 FUGG). Die Simulationen wurden mit Rechenressourcen durchgeführt, die von JARA-HPC der RWTH Aachen im Rahmen des Projekts JARA0065 bereitgestellt wurden.
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Sauer D. F., Wittwer M., Markel U., Minges A., Spiertz M., Schiffels J., Davari M. D., Groth G., Okuda J., and Schwaneberg U., Catalysis Science & Technology, doi.org/10.1039/D1CY00609F
CompassR-gesteuerte Rekombination erschließt Designprinzipien zur Stabilisierung einer Lipase in ILs mit minimalem experimentellem Aufwand
Cui, H., Pramanik S., Jaeger, K. E., Davari, M. D., Schwaneberg, U., Green Chemistry, doi.org/10.1039/D1GC00763G
Die CompassR-Analyse und die rechnerunterstützte Auswahl ermöglichten es, mit minimalem experimentellem Aufwand die BLSA-Resistenz gegenüber vier ionischen Flüssigkeiten deutlich zu verbessern.
Die Biokatalyse in ionischen Flüssigkeiten hat bei der Herstellung von Biodiesel, Zuckerestern und Arzneimitteln enorm an Bedeutung gewonnen. Die Wechselwirkung zwischen hydrophilen ionischen Flüssigkeiten und Enzymen führt jedoch häufig zu einer verminderten Aktivität oder sogar zur Inaktivierung. In diesem Bericht zeigen wir, dass die intrinsische Lipasestabilität und die Erhaltung der Hydratationshülle von Bacillus subtilis Lipase A (BSLA) zwei synergistische Designprinzipien sind, um die enzymatische Aktivität in ILs zu erhalten. Nach einem in silico-Screening von neun vorteilhaften Aminosäurepositionen mit Hilfe der CompassR-Regel (insgesamt 172 Varianten) haben wir zwei Varianten durch gezielte Mutagenese und drei Bibliotheken durch gezielte Sättigungsmutagenese rational entworfen. Mit minimalem experimentellem Aufwand identifizierten wir drei Allround-Varianten für vier ionische Flüssigkeiten auf 1-Butyl-3-methylimidazolium (BMIM)-Basis. Computergestützte Analysen der Molekulardynamik und thermodynamische Stabilitätsanalysen der Varianten ergaben, dass die molekulare Grundlage für die resistenten Varianten durch eine synergistische Verbesserung der Proteinstabilität und erhöhte Hydratationsschalen um die Substitutionen in den vier ionischen Flüssigkeiten bedingt wird. Diese Konstruktionsprinzipien und das gewonnene molekulare Wissen, eröffnen Experimentatoren nicht nur die Möglichkeit vielversprechende, gegen ionische Flüssigkeiten resistente Enzyme rational zu konstruieren, sondern liefern auch neue Erkenntnisse über die enzymatische Katalyse in ionischen Flüssigkeiten.
Haiyang Cui wird durch das China Scholarship Council (CSC) Stipendium finanziell unterstützt. Diese Arbeit wurde in der Abteilung Computational Biology realisiert und wurde durch Rechenressourcen unterstützt, die von JARA-HPC der RWTH Aachen University (JARA0169 und JARA0187) bereitgestellt wurden.
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Cui, H., Pramanik S., Jaeger, K. E., Davari, M. D., Schwaneberg, U., Green Chemistry, doi.org/10.1039/D1GC00763G
Fe(III)–Komplex-vermittelte Immobilisierung von eGFP und Enzymen auf der Oberfläche von Bakterienzellen
Feng, L., Gao, L., Sauer, D. F., Ji, Y., Cui, H., Schwaneberg, U. (2021). Fe (III)-complex mediated bacterial cell surface immobilization of eGFP and enzymes. ChemComm, DOI: 10.1039/d1cc01575c
Eine einfache und reversible Methode zur Immobilisierung eines breiten Spektrums von His6-markierten Proteinen auf der Oberfläche von E. coli-Zellen durch Fe(III)-Metallkomplexe
Die Dekoration der Bakterienzelloberfläche mit Proteinen ist für biotechnologische Prozesse und die chemische Produktion sehr attraktiv. Hier berichten wir über eine einfache, nicht kovalente und reversible Methode zur Immobilisierung eines breiten Spektrums von His6-markierten Proteinen auf der Oberfläche von E. coli-Zellen durch Fe(III)-Metallkomplexe. Um die generelle Anwendbarkeit zu demonstrieren wurden die folgenden His6-markierten Proteine erfolgreich auf der Oberfläche von E. coli-Zellen immobilisiert: Bacillus subtilis Lipase A (BSLA), Candida tropicalis-Fettalkoholoxidase (CtFAO), Bacillus licheniformis-Laccase (BlcotA), Armoracia rusticana Meerrettichperoxidase (ArHRP) sowie eGFP. Die Funktionalität der ArHRP wurde zusätzlich durch Erzeugung eines Hydrogels um E. coli-Zellen demonstriert. Die erfolgreiche Immobilisierung von eGFP, vier Enzymen und die Erzeugung einer Hydrogelhülle um E. coli-Zellen beweisen die Vielseitigkeit der Metallkomplex-basierten Immobilisierung mit breitem Anwendungspotential in Katalyse und Biosensorik.
Lilin Feng und Liang Gao werden durch Promotionsstipendien des China Scholarship Council (CSC Nr. 201708330279; Nr. 201708330280) unterstützt. Diese Forschung wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (FKZ: 031B0297) finanziert.
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Feng, L., Gao, L., Sauer, D. F., Ji, Y., Cui, H., Schwaneberg, U. (2021). Fe(III)-complex mediated bacterial cell surface immobilization of eGFP and enzymes. ChemComm, DOI: 10.1039/d1cc01575c
Chemogenetische Evolution einer artifiziellen Peroxidase
Ulrich Markel, Daniel F. Sauer, Malte Wittwer, Johannes Schiffels, Haiyang Cui, Mehdi D. Davari, Konstantin W. Kröckert, Sonja Herres-Pawlis, Jun Okuda, Ulrich Schwaneberg, ACS Catalysis, 2021, DOI: 10.1021/acscatal.1c00134.
Chemogenetische Evolution führte zu einem artifiziellen Metalloenzym mit Peroxidase-Eigenschaften.
Künstliche Metalloenzyme bestehen aus einem synthetischen Cofaktor, der in ein Proteingerüst eingebettet ist, und bieten somit eine unvoreingenommene Vorlage für gelenkte Evolutionsstudien. Hier präsentieren wir das Design und die gelenkte Evolution eines artifiziellen Metalloenzyms mit Peroxidase-ähnlichen Eigenschaften. Ausgehend von der Nitrobindin-Variante NB4 wurden in der ersten Runde unserer chemogenetischen Evolutionskampagne verschiedene Porphyrin-Derivate gescreent. Nachdem MnPPIX als der am besten geeignete Kofaktor identifiziert wurde, wurde die Aktivität des Enzyms durch zwei weitere Runden gelenkter Evolution auf ein Niveau erhöht, das mit dem einiger natürlicher Peroxidasen vergleichbar ist. Die Einführung eines Arginin-Restes in einer Position distal zum Cofaktor war für die gesteigerte Aktivität hauptverantwortlich. Darüber hinaus führte die NB4-Umgebung zu einem flexibleren distalen Arginin im Vergleich zu der entsprechenden Wildtyp-abgeleiteten Variante. Das entwickelte künstliche Enzym oxidierte effizient gängige Redox-Mediatoren (ABTS, Syringaldehyd und 2,6-Dimethoxyphenol) und entfärbte drei hartnäckige Farbstoffe (Indigokarmin, Reactive Blue 19 und Reactive Black 5). Schließlich wurde das Recycling des künstlichen Enzyms demonstriert.
Wir bedanken uns für die finanzielle Unterstützung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)(FKZ 031B0297).
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Ulrich Markel, Daniel F. Sauer, Malte Wittwer, Johannes Schiffels, Haiyang Cui, Mehdi D. Davari, Konstantin W. Kröckert, Sonja Herres-Pawlis, Jun Okuda, Ulrich Schwaneberg, ACS Catalysis, 2021, DOI: 10.1021/acscatal.1c00134.
Verringerung von ungünstigen Salzbrücken auf der Enzymoberfläche führt zu einer höheren Resistenz gegenüber organischen (Co)-Lösungsmitteln
Cui, H., Eltoukhy, L., Zhang, L., Markel, U., Jaeger, K. E., Davari, M. D., Schwaneberg, U., Angewandte Chemie, doi.org/10.1002/ange.202101642
Die Entfernung ungünstiger Salzbrücken auf der Enzymoberfläche erhöht die Stabilität der Enzyme in organische Lösungsmitteln sowie die Thermostabilität
Der Einsatz von organischen (Co-)Lösungsmitteln (OS) als Reaktionsmedium für Biokatalysatoren ist für eine Vielzahl von Anwendungen in der chemischen Industrie zwingend erforderlich. OSs werden benötigt, um hydrophobe Substrate und Produkte zu solubilisieren. Zudem ermöglichen sie eine einfache Produktrückgewinnung und verschieben das Reaktionsgleichgewicht in die gewünschte Richtung. Allerdings sind native Enzyme empfindlich gegenüber (Co-)Lösungsmitteln und haben eine geringere Aktivität, wodurch ihre Anwendung als Biokatalysatoren in OS einschränkt ist. In der vorliegenden Publikation berichten wir über eine intelligente Salzbrückendesignstrategie zur gleichzeitigen Verbesserung der OS-Resistenz und Thermostabilität des Modellenzyms Bacillus subtilits Lipase A (BSLA) und kombinierten umfassende experimentelle Studien von 3450 BSLA-Varianten sowie Molekulardynamik-Simulationen von 36 Systemen. Die iterative Rekombination von vier vorteilhaften Substitutionen ergaben resistente Varianten mit einer bis zu 7,6-fachen (D64K/D144K) verbesserten Resistenz gegenüber drei (Co-)Lösungsmitteln bei einer gleichzeitig signifikant gesteigerten Thermostabilität (thermische Resistenz bis zu 137-fach und Halbwertszeit bis zu 3,3-fach). Molekulardynamik-Simulationen zeigten, dass die lokale Flexibilität zusammen mit der verstärkten Hydratation für die stark erhöhte Resistenz in OSs bei Temperaturen von 50-100°C verantwortlich sind. Das Salzbrücken-Redesign bietet im Bereich Protein Engineering einen leistungsfähigen und wahrscheinlich allgemeinen Ansatz zum Design von OS- und/oder thermisch resistenten Lipasen und anderen α/β-Hydrolasen.
Haiyang Cui wird durch das China Scholarship Council (CSC) Stipendium finanziell unterstützt. Diese Arbeit wurde in der Abteilung Computational Biology realisiert und wurde durch Rechenressourcen unterstützt, die von JARA-HPC der RWTH Aachen University (JARA0169 und JARA0187) bereitgestellt wurden.
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Cui, H., Eltoukhy, L., Zhang, L., Markel, U., Jaeger, K. E., Davari, M. D., Schwaneberg, U., Angewandte Chemie, doi.org/10.1002/ange.202101642
Schnelle und orientierte Immobilisierung von Laccasen auf Elektroden durch ein methioninreiches Peptid
Haiyang Cui, Lingling Zhang*, Dominik Söder, Xiaomei Tang, Mehdi D. Davari, and Ulrich Schwaneberg*. ACS Catalysis, 2021. 11, 4, 2445-2453.
MetRich ist ein wertvolles Bindungsmotiv, dass die schnelle Immobilisierung und hohe Leistungsfähigkeit von Laccasen und anderen Oxidoreduktasen in bioelektrokatalytischen Anwendungen ermöglicht.
Die enzymatische Bioelektrokatalyse wird heutzutage für vielseitige Anwendungen genutzt, die von elektrochemischen Biosensorplattformen über implantierbare enzymatische Brennstoffzellen bis hin zu bioelektrosynthetischen Reaktoren reichen. Dennoch sind unzureichende Elektronentransferraten und Langzeitinstabilitäten von Enzymelektroden nach wie vor eine Herausforderung. In dieser Arbeit zeigen wir, dass MetRich (ein methioninreiches Segment) eine wichtige Rolle bei der schnellen Immobilisierung der Kupfer Efflux Oxidase (CueO aus Escherichia coli) auf Elektroden spielt. In diesem Zusammenhang wurde das Adsorptions- und Bioelektrokatalyse-Verhalten von CueO, einer verkürzten CueO (ΔMetRich CueO), und einer serinreichen substituierten CueO (SerRich CueO) untersucht. Atomare Molekulardynamik (MD) Simulationen zeigen, dass der synergistische Effekt von π-π-Wechselwirkungen und hydrophoben Wechselwirkungen zu der hohen Affinität von MetRich zu Kohlenstoff-Nanoröhren (CNT) beiträgt. Um die breite Anwendbarkeit zu demonstrieren, wurde MetRich auch an das Sporenmantelprotein A (CotA), eine andere bakterielle Laccase aus Bacillus licheniformics, fusioniert. Es ist bekannt, dass sich das T1 Cu aktive Zentrum von CotA um den C-Terminus herum befindet und die Eintrittsstelle der Elektronen bei der Laccase-katalysierten Sauerstoffreduktion ist. Die Fusion von MetRich an den C-Terminus von CotA verleiht CotA die Eigenschaften einer schnellen und orientierten Adsorption an der Elektrodenoberfläche, "zieht" das T1 Cu aktive Zentrum in die Nähe der CNT-Elektrode und erhöht dadurch die Elektronentransferrate. Die Entdeckung und Validierung machen MetRich zu einem wertvollen Bindungsmotiv für die schnelle Immobilisierung und hohe Leistung von Laccasen in bioelektrokatalytischen Anwendungen. Zudem lassen sich die Ergebnisse möglicherweise auf andere Oxidoreduktasen übertragen.
L. Zhang erhält Unterstützung durch die Alexander von Humboldt-Stiftung. Haiyang Cui wird durch ein Stipendium des China Scholarship Council (CSC) finanziell unterstützt. Diese Arbeit wurde in der Abteilung Hybridkatalyse & Hochdurchsatz-Durchmusterungssysteme durchgeführt und wurde durch die Abteilung Computational Biology und den von JARA-HPC der RWTH Aachen gewährten Rechenressourcen (JARA0169 und JARA0187) unterstützt.
Um mehr zu erfahren, rufen Sie bitte die vollständige Publikation unter Publikationen und Patente auf oder
Cui, H.; Zhang, L.*; Söder, D.; Tang, X. M.; Davari, M. D.; Schwaneberg, U.*, Rapid and oriented immobilization of laccases on electrodes via a methionine-rich peptide. ACS Catalysis, 2021. 11, 4, 2445-2453. https://doi.org/10.1021/acscatal.0c05490
Kann die Constraint-Netzwerkanalyse die Identifikationsphase von KnowVolution leiten? Eine Fallstudie zur verbesserten Thermostabilität einer Endo-β-Glucanase
Can constraint network analysis guide the identification phase of KnowVolution? A case study on improved thermostability of an endo- β -glucanase
Contreras, F.*, Nutschel, C.*, Beust, L., Davari, M. D., Gohlke, H., & Schwaneberg, U., Computational and Structural Biotechnology Journal, 2021, Volume 19, 743-751. DOI 10.1016/j.csbj.2020.12.034
*These authors contributed equally to the work.
Die „Constraint Network Analysis (CNA)“ ist eine vielversprechende Methode zur Identifizierung von vorteilhaften Positionen in Phase I einer KnowVolution-Kampagne zur Verbesserung der Thermostabilität.
Projekt und Förderung: Maßgeschneiderte Enzymcocktails für den effizienten Celluloseabbau (EnzyBioDeg), BMBF, FKZ: 031B0506
Dazugehörige Veröffentlichung: KnowVolution of a GH5 cellulase from Penicillium verruculosum to improve thermal stability for biomass degradation
Abteilung: Computational Biology
Das Protein-Engineering hat sich als ein wichtiges Werkzeug zur Verbesserung der Thermostabilität von Enzymen herausgestellt. Da gerichtete Evolutionskampagnen noch immer mit hohen Zeit- und Arbeitsaufwand verbunden sind, stellt die effiziente Entwicklung von robusten Biokatalysatoren heutzutage noch eine große Herausforderung dar. Kombinierte Strategien aus gerichteter Evolution und computergestützten Analysen stellen daher einen effizienteren Ansatz für das Protein-Engineering dar. Die KnowVolution-Protein-Engineering-Strategie kombiniert gerichtete Evolution und computergestützte Analysen, um den experimentellen Aufwand zu verringern und die Verbesserungen der Enzymvarianten zu maximieren. In "Phase I: Identifizierung" wird die Zufallsmutagenese verwendet, um vorteilhafte Positionen in einem Enzym zu identifizieren. Eine kombinierte Strategie aus einer in silico Positionsauswahl, gefolgt von einer Durchmusterung einer Variantenbibliothek, kann den gesamten experimentellen Aufwand für die Verbesserung eines Biokatalysators reduzieren.
In dieser Studie untersuchen wir die „Constraint Network Analysis“ (CNA)-Strategie als computergestützte Methode, um vorteilhafte Positionen für eine verbesserte Thermostabilität der industriell wichtigen Endo-β-Glucanase Cel5A aus Penicillium verruculosum zu identifizieren. Zusätzlich haben wir das Potenzial von CNA in Protein-Engineering-Kampagnen (z. B. in der Identifikationsphase von KnowVolution) evaluiert. Mit der CNA-Methode kann der Screening-Aufwand um 40 % verringert werden. Eine zufallsmutagenisierte Bibliothek erforderte das Screening von ~8000 Klonen, wobei nur 0,27 % der Klone eine erhöhte Thermostabilität aufwiesen. Die CNA-geführte Bibliothek bestand aus 3840 Klonen und besaß eine vergleichbare Erfolgsrate von 0,18 %. Die Abdeckung der identifizierten Positionen, die die Thermostabilität verbessern, betrug 8 % für die CNA-Methode und 5,7 % für die Zufallsmutagenese. Wir glauben, dass die CNA-Methode in der Identifikationsphase einer KnowVolution-Kampagne eingesetzt werden kann, um die Thermostabilität von Cellulasen und anderen Enzymen mit geringerem Zeit- und Arbeitsaufwand zu verbessern.
Die Enzymhydratation bestimmt die Resistenz in organischen Co-Lösungsmitteln
Cui, H., Zhang, L., Eltoukhy, L., Jiang, Q., Korkunç, S. K., Jaeger, K. E., Schwaneberg, U., Davari, M. D. ACS Catalysis, 2020. 10, 14847-14856.
Erhöhte Hydratation der Enzymoberfläche ist der vorherrschende Faktor für die verbesserte Enzymbeständigkeit in organischen Co-Lösungsmitteln
Organische Lösungsmittel (OS) sind in der Biokatalyse beliebt, da sie zahlreiche Vorteile bieten, wie z. B. eine erhöhte Löslichkeit von Substraten/Produkten oder die Unterdrückung von unerwünschten Nebenreaktionen. Die Verwendung von Enzymen in OS führt jedoch häufig zur Deaktivierung von Enzymen oder zu einem dramatischen Abfall der katalytischen Aktivität. Basierend auf molekulardynamischen Simulation von 32 resistenten und nicht resistenten Bacillus subtilis-Lipase A (BSLA)-Varianten (Wildtyp, Einzel- und Mehrfachsubstitutionen) gegenüber einem organischen Co-Lösungsmittel (12% (v/v) TFE), haben wir in dieser Studie ein umfassendes Verständnis der Wechselwirkungen zwischen Enzymen und OS entwickelt. Eine detaillierte Analyse der Verteilung der Substitutionen ergab, dass eine erhöhte Hydratation der Enzymoberfläche der Hauptfaktor für die Verbesserung der OS-Resistenz ist. Darüber hinaus zeigte die iterative Rekombination von vier Oberflächensubstitutionen, dass das Ausmaß der Hydratation in BSLA-Varianten stark mit seiner OS-Resistenz korreliert (R² = 0,91). Bemerkenswerterweise führte die Rekombination der Substitutionen zu einer hochresistenten BSLA-Variante (I12R / M137H / N166E) mit einer 7,8-fach verbesserten Resistenz in 12% (v/v) TFE, während die katalytische Aktivität im Vergleich zum Wildtyp beibehalten wurde (~92%). Unsere Ergebnisse bestätigen, dass die Stärkung der Proteinoberflächenhydratation durch Oberflächenladungstechnik eine effektive und effiziente rationale Strategie zur Anpassung der Enzymstabilität in organischen Lösungsmitteln ist.
Haiyang Cui wird durch ein China Scholarship Council (CSC) Stipendium finanziell unterstützt. Diese Arbeit wurde in der Computational Biology Gruppe durchgeführt und wurde durch Rechenleistung vom JARA-HPC der RWTH Aachen University unterstützt (JARA0169 und JARA0187).
Zugang zu der Publikation finden Sie unter Publikationen und Patente und unter
Cui, H., Zhang, L., Eltoukhy, L., Jiang, Q., Korkunç, S. K., Jaeger, K. E., Schwaneberg, U., Davari, M. D. (2020). Enzyme Hydration Determines Resistance in Organic Cosolvents. ACS Catalysis, 10, 14847-14856. https://doi.org/10.1021/acscatal.0c03233
MicroGelzyme: pH-unabhängige Immobilisierung von Cytochrom P450 BM3 in Mikrogelen
Maximilian Nöth‡, Larissa Hussman‡, Thomke Belthle, Islam El-Awaad, Mehdi D. Davari, Felix Jakob, Andrij Pich* und Ulrich Schwaneberg* Biomacromolecules, 2020, DOI: doi.org/10.1021/acs.biomac.0c01262
‡ Gleiche Autorenbeteiligung
Project: SFB 985
Förderung: DFG: Collaborative Research Centre 985 “Functional Microgels and Microgel Systems; BMBF: Next Generation of Biotechnological Processes – Biotechnology 2020+
Subgroup: Biohybrid Systems und Computational Biology
Die Cytochrom P450 BM3 Monooxygenase wurde in permanent, positiv geladenen Poly(N-Vinylcaprolactam)-Mikrogelen mit 1-Vinyl-3-Methylimidazolium als Comonomer, ohne Verlust der katalytischen Aktivität, elektrostatisch immobilisiert.
Mikrogele sind aufgrund ihrer chemischen Stabilität, Prozessstabilität, Biokompatibilität und hohen Enzymimmobilisierungskapazität eine vielversprechende Klasse von Trägermaterialien für die Enzymimmobilisierung In dieser Arbeit wurde ein neuer Typ von permanent positiv geladenen Poly(N-Vinylcaprolactam)-Mikrogelen mit 1-Vinyl-3-Methylimidazolium (Quaternisierung des Stickstoff von 1-Vinylimidazol durch Methylierung) als Comonomer (PVCL/VimQ) synthetisiert. Die PVCL/VimQ-Mikrogele wurden im Hinblick auf ihre Größe, Ladung, Quellungsgrad sowie ihre Temperatur Responsivität in wässrigen Lösungen charakterisiert. Cytochrom P450 Monooxygenasen sind in der Regel schwierig zu immobilisieren, da mit der Immobilisierung oft hohe Aktivitätsverluste einhergehen (im Falle von P450 BM3 bis zu 100 % Aktivitätsverlust). P450 BM3 konnte in permanent, positiv geladenen PVCL/VimQ-Mikrogelen (P450 µ-Gelzyme) ohne Verlust der katalytischen Aktivität immobilisiert werden (Immobilisierung im pH-Optimum). Die Freisetzung von P450 BM3 aus PVCL/VimQ Mikrogelen sowie die anschließende erneute Immobilisierung von neuer P450 BM3 in denselben Mikrogelen, konnte durch Modulation der Ionenstärke gesteuert werden. Darüber hinaus konnten die P450 µ-Gelzyme für mehrere Zyklen wiederverwendet werden. Abschließend wurde die Resistenz der P450 µ-Gelzyme gegen die organischen Lösungsmittel (Acetonitril, Dimethylsulfoxid, 2-Propanol) untersucht, um das biokatalytische Anwendungspotenzial von P450 µ-Gelzymen zu bewerten.
Abbildung P450 BM3 konnte in permanent positiv geladenen Poly(N-Vinylcaprolactam)-Mikrogelen mit 1-Vinyl-3-Methylimidazolium als Comonomer unabhängig vom pH Wert elektrostatische immobilisiert werden. Die permanente, positive Ladung wurde durch Quaternisierung des Stickstoffs von 1-Vinylimidazol durch Methylierung erzeugt. Reproduziert mit Erlaubnis von Nöth et al. (2020).
Biokatalytische Mikrogele (μ-Gelzyme): Synthese, Konzepte und neue Anwendungen
Maximilian Nöth,‡ Elisabeth Gau,‡ Falco Jung, Mehdi D. Davari, Islam El-Awaad,* Andrij Pich,* und Ulrich Schwaneberg* Green Chemistry, 2020, DOI 10.1039/D0GC03229H
‡Gleiche Autorenbeteiligung
Projekt: SFB 985
Förderung: DFG: Collaborative Research Centre 985 “Functional Microgels and Microgel Systems; BMBF: Next Generation of Biotechnological Processes – Biotechnology 2020+
Subgroup: Biohybrid Systems and Computational Biology
Enzyme sind Katalysatoren die von der Natur evolviert wurden um (bio)chemische Reaktionen mit beeindruckender Chemo-, Regio- und Stereoselektivität durchführen können. Daher eröffnet sich für enzymkatalysierte Reaktionen ein großes Anwendungspotential für nachhaltige Prozesse aus nachwachsenden Rohstoffen. Die Eigenschaften von Enzymen müssen an die Anforderungen von industriellen Prozessen angepasst werden, um ihre Vorteile bei der großtechnischen Synthese von Feinchemikalien, Lebensmitteln und Pharmazeutika nutzen zu können. Die Immobilisierung von Wildtyp oder evolvierten Enzymen in natürlichen und synthetischen Trägermaterialien wurde in großem Umfang eingesetzt, um deren katalytische Leistung zu verbessern, ihre Rückgewinnung und Wiederverwendung zu gewährleisten und dadurch ihre Verwendung in industriellen Prozessen zu ermöglichen und zu fördern. Mikrogele avancieren als vielversprechende Alternative zu etablierten Trägermaterialien. Letzteres wird durch eine wachsende Zahl an Publikationen unterstrichen, die den Einsatz von Mikrogelen in nachhaltigen katalytischen Prozessen dokumentieren. Mikrogele sind poröse, hochmolekulare und quervernetzte kolloidale Polymernetzwerke von Submikrongröße, die in ihrem Lösungsmittel quellen (z.B. Wasser). Ihre Form und ihr Volumen kann durch externe Stimuli wie Temperatur, pH-Wert, Ionenstärke und Lösungsmittelcharakter angepasst werden. Mikrogele sind aufgrund ihrer chemischen und mechanischen Stabilität, ihrer anpassbaren Architektur, ihrer Biokompatibilität, ihres hohen Wassergehalts und der Möglichkeit hohe Enzymbeladungen zu realisieren, ideale Trägermaterialien für die Immobilisierung von Enzymen. In diesem Übersichtsartikel fassen wir den Fortschritt in der Synthese und Anwendung von enzymbeladenen Mikrogelen zusammen (μ-Gelzyme). Hierbei werden verschiedenen Ansätze für die Enzymimmobilisierung auf oder in Mikrogelen analysiert und repräsentative Beispiele für verschiedene Anwendungen von μ-Gelzymen präsentiert. Des Weiteren wird das Potenzial von μ-Gelzymen für die Anwendung in der Grünen Chemie beleuchtet. Darüber hinaus werden biokatalytische Mikrogele sowie deren Verbesserung und Weiterentwicklung als Teil des aufstrebenden und interdisziplinären Forschungsfelds „interactive soft matter“ diskutiert.
Abbildung Kategorisierung von µ-Gelzymen durch die Methode der Enzymimmobilisierung. Enzyme können kovalent in oder auf Mikrogelen immobilisiert oder während der Synthese von Mikrogelen eingebettet werden. Alternativ kann die Responsivität von Mikrogelen auf externe Stimuli (schaltbare Trägermaterialien) für die Enzymimmobilisierung genutzt werden. Adaptiert von Nöth et al. (2020) mit Erlaubnis der Royal Society of Chemistry.
Die designte Streptococcus pyogenes Sortase A akzeptiert verzweigete Amine als Nukleophile in Sortagging Reaktionen
Zhi Zou, Maximilian Nöth, Felix Jakob, and Ulrich Schwaneberg. Designed Streptococcus pyogenes Sortase A Accepts Branched Amines as Nucleophiles in Sortagging. Bioconjugate Chemistry, 2020
Die Sortase-vermittelte Ligation (Sortagging) wird üblicherweise mit der Sortase A aus Staphylococcus aureus (SaSrtA) durchgeführt. Diese erkennt ausschließlich N-terminale Glycinreste als Aminosäurenukleophile in Sortagging Reaktionen. In dieser Arbeit wurde die Transpeptidase-Aktivität der Streptococcus pyogenes Sortase A (SpSrtA) gegenüber verschiedenen N-terminalen Aminosäureresten, durch rationales Design (ortsgerichtete Mutagenese in der Nähe des aktiven Zentrums und β6/β7-Loop Engineering) verbessert. Die Variante SpSrtA M3 (E189H/V206I/E215A) zeigte eine bis zu 6,6-fach (im Vergleich zum SpSrtA-Wildtyp) verbesserte katalytische Effizienz. Zusätzlich behielt SpSrtA M3, so wie SpSrtA Wildtyp, die Spezifität gegenüber N-terminalen Alanin-, Glycin- und Serinresten sowie gegenüber verzweigten primären Aminen (verzweigt am α-Kohlenstoff) bei. Darüber hinaus wurde SpSrtA M3 für die „head-to-tail backbone“ Zyklisierung von Proteinen eingesetzt.Die Aktivität von SpSrtA gegen verschiedene N-terminalen Aminosäurenukleophile (Alanin, Glycin und Serin) sowie primäre Amine (verzweigt am α-Kohlenstoff) wurde durch rationales Design verbessert.
FhuA–Grubbs–Hoveyda Biohybrid Katalysator im Polymerfilm ermöglicht Katalyse in purem, organischem Lösungsmittel
Tayebeh Mirzaei Garakani#, Daniel F. Sauer#, M.A. Stephanie Mertens, Jaroslav Lazar, Julia Gehrmann, Marcus Arlt, Johannes Schiffels, Uwe Schnakenberg, Jun Okuda, Ulrich Schwaneberg*, ACS Catalysis, 2020, 19, 10946-10953, DOI: 10.1021/acscatal.0c03055
Die Einbettung eines künstlichen Metalloproteins in einen synthetischen Polymerfilm ermöglicht biohybride Katalyse in purem, organischem Substrat.
Die Kombination von Elementen aus der Biokatalyse (z.B. Selektivitätskontrolle) mit chemischer Metallkatalyse, deren Reaktionen in der Natur nicht vorkommen, ist von großem synthetischem Interesse und erweitert das bestehende Syntheserepertoir. Diese Veröffentlichung beschreibt zum ersten Mal biohybride Katalyse in puren, organischen Substraten und nicht, wie sonst üblich, in Pufferlösungen. Die Verwendung von Proteinen in organischen Lösungsmitteln erweitert nicht nur die synthetischen Möglichkeiten, sondern erlaubt es ferner auch wasserunlösliche oder wasserinstabile Katalysatoren in der biohybriden Katalyse zu nutzen, was spannende, neue Anwendungen ermöglicht. Der hier verwendete biohybride Katalysator besteht aus dem b-Fassprotein FhuA, welches in seinem inneren einen Grubbs-Hoveyda Rutheniumkomplex für die Olefinmetathese beinhaltet. Dieser biohybride Katalysator ist in einer Polymermatrix eingebettet, die aus electropolymerisiertem N-Methylpyrrol besteht. Diese Stabilisierung erlaubt es, das künstliche Metalloprotein in purem, organischem Substrat als Katalysator einzusetzen und so die Ringschlussmetathese von zwei verschiedenen Substraten zu katalysieren. Besonders mit dem sehr hydrophoben Substrat wurde eine Verbesserung in der Aktivität um einen Faktor von 24 festgestellt, verglichen mit dem homogen gelösten Protein. Diese Arbeit kann als Inspiration für die Katalyse-Community dienen, organische Lösungsmittel als Reaktionsmedium für künstliche Metalloproteine zu nutzen und so die Kombination aus breit gefächerter Metallkatalyse und präziser Biokatalyse zu nutzen.
Diese Forschung wurde durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des BMBF-Projektes “Chirale Membranen” (Förderkennzeichen: 031A164 und 031B0559) sowie durch den Forschungspreis 2020 “Hyka-synBio” (Förderkennzeichen: 031B0297) ermöglicht. Der Deutschen Forschungsgemeinschaft danken wir für Förderung durch das Graduiertenkolleg „SeleCa“ (IRTG 1628). Der Firma Umicore (Frankfurt, Dr. A. Doppiu) danken wir für eine großzügige Spende der Rutheniumvorstufe.
Abbildung: Ein biohybrider Katalysator bestehend aus dem b-Fassprotein FhuA, welches mit einem Grubbs-Hoveyda Ruthenium Katalysator als aktives Zentrum ausgestattet ist (Schwert). Der Biohybridkatalysator wird durch seine „Rüstung“ (poly(N-Methylpyrrol)) von den Flammen (organischen Lösungsmitteln) geschützt.
Ein photoclick-basiertes High‐Throughput Screening für die gelenkte Evolution der Decarboxylase OleT
Ulrich Markel, Pia Lanvers, Daniel F. Sauer, Malte Wittwer, Gaurao V. Dhoke, Mehdi D. Davari, Johannes Schiffels, Ulrich Schwaneberg, Chemistry – A European Journal, 2020, DOI: 10.1002/chem.202003637
Hier präsentieren wir einen Photoclick-Assay für das High-Throughput Screening von Decarboxylasevarianten in gelenkten Evolutionsstudien.
Trotz der synthetischen Relevanz von enzymatischen oxidativen Decarboxylierungen wird die gelenkte Evolution von Decarboxylasen immer noch durch das Fehlen eines Hochdurchsatz-Screenings behindert. In dieser Studie präsentieren wir einen einfachen Photoclick-Assay zum Nachweis von Styrenyl-Decarboxylierungsprodukten. In einer Proof-of-Principle-Studie wurde der Assay zur gelenkten Evolution der Decarboxylase OleT verwendet. Unser Assay ist mit beiden möglichen OleT-Betriebsmodi kompatibel, einschließlich der direkten Verwendung von Wasserstoffperoxid als Co-Substrat des Enzyms oder der Verwendung eines Reduktase-Partnerproteins. Das Screening von Sättigungsmutagenese-Bibliotheken identifizierte zwei Enzymvarianten, die die Substratpräferenz des Enzyms von langkettigen Fettsäuren zu Styrolderivaten veränderte. Insgesamt verspricht dieser Photoclick-Assay, die gelenkte Entwicklung von OleT und anderen Decarboxylasen zu beschleunigen.
KnowVolution einer GH5-Cellulase aus Penicillium verruculosum zur Verbesserung der Thermostabilität zum effizienten Biomasse-Abbau
Contreras, F., Thiele, M. J., Pramanik, S., Rozhkova, A. M., Dotsenko, A. S., Zorov, I. N., Sinitsyn, A. P., Davari, M. D. & Schwaneberg, U. ACS Sustainable Chemistry & Engineering. 2020, 8, 12388–12399. DOI: 10.1021/acssuschemeng.0c02465.
Das molekulares Verständnis für das Engineering von Cellulasen zur Erhöhung der Temperaturstabilität bietet ein großes Potential für den nachhaltige Abbau von Biomasse.
Cellulasen können beim Abbau von lignocellulose-haltiger Biomasse, sowie in der Zellstoff- und Papierherstellung eingesetzt werden und müssen bei hohen Temperaturen und rauen Reaktionsbedingungen aktiv sein. Da es sich bei Cellulasen um teure Komponenten in diesen Prozessen handelt, kann eine verlängerte Cellulase-Lebensdauer die Produktionskosten senken und eine nachhaltigere Produktion ermöglichen. Heutzutage hat sich das Protein-Engineering als eine wichtige Methode zur Verbesserung der Enzymeigenschaften etabliert. In diesem Artikel beschreiben wir eine KnowVolution-Kampagne der Cellulase PvCel5A aus Penicillium verruculosum zur Erhöhung der Temperaturstabilität. Bei KnowVolution Kampagnen werden experimentelle Arbeiten mit Methoden der computergestützten Proteinmodellierung kombiniert, um den experimentellen Aufwand zu minimieren. Die Ergebnisse für PvCel5A belegen, dass die eingesetzte Strategie erfolgreich war und liefern darüber hinaus ein molekulares Verständnis über die Rolle des C-Terminus bei der Verbesserung der Thermostabilität. Im Vergleich zum PvCel5A Wildtyp zeigte die Variante PvCel5A-R17 eine um das 5,5-fache verbesserte Halbwertszeit bei 75 °C (von 32 auf 175 min) und eine Erhöhung der Schmelztemperatur (Tm) um 7,7 °C. (von 70,8 bis 78,5 °C). Interessanterweise wurde die spezifische Aktivität von PvCel5A durch die Verbesserung der Schmelztemperatur nicht beeinträchtigt (hohe spezifische Aktivität erfordert Enzymflexibilität; Temperaturstabilität erfordert starke Wechselwirkungen / starre Strukturen). Alle Glycosidhydrolasen der Familie 5 (GH 5) weisen in ihrem C-Terminus ein (β/α)8-Barrel als ein gemeinsames Merkmal auf. Daher kann das Stabilisierungskonzept wahrscheinlich auf andere GH5-Glycosidhydrolasen übertragen werden. Das molekulare Wissen, wie Cellulasen auf eine erhöhte Thermostabilität zugeschnitten werden können, bietet ein großes Potenzial für den enzymatischen Abbau und die vollständige Nutzung von Lignocellulose-haltiger Biomasse.
Abteilung für Computational Biology.
Diese Arbeit wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Projekt EnzyBioDeg (FKZ: 031B0506) Bioeconomy international finanziert. MD-Simulationen wurden mit Rechenressourcen durchgeführt, die von JARA-HPC von der RWTH Aachen im Rahmen des Projekts jara0187 bereitgestellt wurden.
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Ein kolorimetrischer Assay ermöglicht Hochdurchsatz-Screening zur gelenkten Evolution von Prodigiosin-Ligase PigC
Stefanie Brands, Hannah U. C. Brass, Andreas S. Klein, Jörg Pietruszka, Anna Joëlle Ruff und Ulrich Schwaneberg, “A colourimetric high-throughput screening system for directed evolution of prodigiosin ligase PigC,” Chem. Commun., 2020, doi: 10.1039/D0CC02181D.
Der farbbasierte PigC-Screening-Assay macht die Evolution von Ligasen zur Kondensation bioaktiver Prodiginine möglich.
Die Prodigiosin-Synthetase PigC ist eine membrangebundene ATP-Ligase, die den finalen Kondensationsschritt im Prodigiosin-Biosynthesewegs katalysiert - eines tripyrrolischen roten Pigments, das in der Natur von mehreren Bakterienarten synthetisiert wird. Die Verbindungsklasse der Prodiginine ist bekannt für ihre intensivrote Farbe, die Kolonien von Prodiginin-produzierenden Bakterien wie kleine Blutstropfen erscheinen lässt. Bisher wurden mehrere Bioaktivitäten von Prodigininen entdeckt, die die Tripyrrole in den Fokus der Industrie rücken: Ein künstliches Prodiginin-Derivat, Obatoclax Mesylate GX15-070, wird derzeit in der klinischen Studien der Phase-II als Kandidat für die Behandlung verschiedener Krebsarten getestet.
Da die chemische Synthese von Prodigininen leider nicht trivial ist, bleibt die Biokatalyse ein vielversprechender Ansatz, um die Verbindungen zu generieren. In unserem PigC-Screening-Assay kombinierten wir chemische Synthese von Prodiginin-Vorläufermolekülen (die in Verdünnung farblos sind) mit PigC-Biokatalyse (bei der die roten Prodiginine gebildet werden). In einem Kolonie-Vorscreening auf Agarplatten werden aktive rote Klone zur Expression im 96-Well-Format vorselektiert. Nach Zugabe der pyrrolischen Substrate und der Biokatalyse werden die Prodiginine extrahiert und basierend auf ihrer roten Farbe photometrisch quantifiziert.
Dieses Assaykonzept macht den Austausch eines pyrrolischen Vorläufers durch ein vielversprechenderes Pyrrolderivat möglich. In dieser Arbeit haben wir mit 2,3-Dimethylpyrrol anstelle des natürlichen PigC-Substrats 2-Methyl-3-Amylpyrrol gescreent - die resultierenden kurzkettigen Prodiginine zeigten in Autophagietests eine erhöhte Bioaktivität. Da 2,3-Dimethylpyrrol von PigC allerdings nicht ohne weiteres als Substrat akzeptiert wird, sind PigC-Engineeringkampagnen erforderlich, um das Substratspektrum der Synthetase anzupassen. Hierzu ist ein geeignetes Hochdurchsatz-Screening-Verfahren zur Identifizierung verbesserter PigC-Varianten essentiell: In Pseudomonas putida KT2440, im Vergleich zu E. coli einem prodigininresistenteren Expressionschassis, wurde durch Zufallsmutagenese eine PigC-Bibliothek erstellt und nach PigC-Varianten gescreent, deren Akzeptanz des Prodiginin-Vorläufers Dimethyl-Pyrrol im Vergleich zum Wildtyp erhöht ist. Nach Durchmusterung von fast 3000 Klonen wurde die Variante L466Q mit einem Aminosäureaustausch in der Substratbindungsdomäne von PigC entdeckt, die eine fast 3-fach erhöhte Prodigininkonzentration hervorbrachte. Die katalytische Effizienz der Variante mit DiMe-Pyrrol (KM / kcat) war gegenüber dem Wildtyp 2,9-fach erhöht, und auch die Stabilität von L466Q bei 30 ° C war leicht erhöht.
Diese Veröffentlichung wurde in der Abteilung Molekulare Bioökonomie verfasst. Die wissenschaftlichen Aktivitäten des Bioeconomy Science Center wurden vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft im Rahmen des NRW Strategieprojekt BioSC (Nr. 313 / 323-400-00213) finanziell unterstützt.
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Loop engineering von Arylsulfotransferase B zur Verbesserung der katalytischen Leistung bei der regioselektiven Sulfatierung
Yu Ji, Shohana Islam, Haiyang Cui, Gaurao V. Dhoke, Mehdi D. Davari, Alan M. Mertens, Ulrich Schwaneberg, Catalysis Science & Technology, 2020, 10, 2369-2377 DOI: 10.1039/D0CY00063A
Reengineering of loop12 and loop 13 von Arylsulfotransferase B ergab eine Variante mit hoher Sulfat Transfereffizienz von bis zu 94 %.
Catecholsulfate wirken in unserem Körper als wichtige Antioxidantien und haben oft entzündungshemmende Eigenschaften. Diese Studie konzentriert sich auf das Reengineering von Loop 12 und Loop 13 der Arylsulfotransferase B aus Desulfitobacterium hafniense, um die Sulfat-Transfereffizienz von sechs Catecholen zu verbessern. Die Arylsulfotransferase B-Enzymvarianten wurden in einer KnowVolution-Kampagne unter Verwendung der Zufallsmutagenesemethode SeSaM und der Mehrstellen-Sättigungsmethode OmniChange generiert. Die katalytische Aktivität und die katalytische Effizienz der finalen Enzymvariante wurde für alle sechs untersuchten Catechole im Vergleich zum Wildtyp verbessert (z.B. 13,6-fache Verbesserung der katalytischen Aktivität für 3-Bromocatechol). Die HPLC-MS-Analyse bestätigte die verbesserte Sulfatstöchiometrie der Arylsulfotransferase-B-Variante mit einer Transfereffizienz von bis zu 94 % für 3-Methylcatechol im Vergleich zu 24 % für den Wildtyp. Ein molekulares Verständnis der verbesserten Sulfatierungsaktivität der Enzymvariante wurde durch molekulare Andockstudien erreicht und die Elektroneneffekte von Catecholsubstituenten wurden mittels der Hammett-Gleichung analysiert. Die enzymatische Sulfatierung von Catechol sowie von substituierten Catecholen durch Arylsulfotransferasen ermöglicht einen umweltfreundlichen Weg für die chemo- und/oder regioselektive Sulfatierung wertvoller Verbindungen, wie z.B. Mycamin, Natriumpicosulfat und Minoxidilsulfat.
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In-situ Überwachung der Proteininsertion in Block-Copolymer Vesikel-Membranen und ihre Ausbreitung mittels eines potential unterstützen Verfahrens
T. Mirzaei Garakani, Z. Liu, U. Glebe, J. Gehrmann, J. Lazar, M. A. S. Mertens, M. Möller, N. Hamzelui, L. Zhu, U. Schnakenberg, A. Böker, U. Schwaneberg, ACS Applied Materials & Interfaces, 2019, DOI: 10.1021/acsami.9b09302
Entwicklung eines neuen Verfahrens zur Herstellung von Festkörper-gestützten biomimetischen Membranen durch potential-unterstützte Ausbreitung von Vesikeln.
Transmembranproteine, die in Festkörper-gestützten Hybridmembranen integriert sind, können als selektive Transporter oder für die Katalyse genutzt werden. Hydrophobe Regionen von Transmembranproteinen ermöglichen deren Einbau in Polymermembranen. Das Triblock-Copolymer Poly(2-Methyloxazolin)-blockpoly(Dimethylsiloxan)-blockpoly(2-Methyloxazolin) und eine veränderte Variante des äußeren Membranproteins Ferric hydroxamate uptake protein component A (FhuA) wurden zur potential-unterstützten Ausbreitung von Synthosomen auf Goldelektroden verwendet. Eine FhuA-Variante ohne Korkdomäne (FhuA ∆1-160) wurde verwendet, um Synthosome mit großen passiven Diffusionskanälen herzustellen. Isothermale Titrationskalorimetrie ermöglichte es, die Insertion von FhuA in Polymervesikel zu untersuchen. Die Ladung des Polymers ermöglichte die Verteilung von FhuA-funktionalisierten Vesikeln durch elektrostatische Interaktionen. Die potential-unterstützte Vesikelverteilung erlaubt eine effizientere Herstellung homogener Synthosome im Vergleich zu den üblichen Spin- und Tauchbeschichtungsverfahren. Die Funktionalität der ausgebreiteten Synthosome wurde über passiven Ionentransport und durch elektrochemische Impedanzspektroskopie nachgewiesen. Eine mögliche Verwendung finden die biomimetischen Membranen in der Entwicklung von (Bio‑)Sensoren und als nützliche Poren für den Wirkstofftransport oder Wasseraufreinigung.
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Engineering der Laccase CueO zur Verbesserung des Elektronentransfers in der Bioelektrokatalyse durch semi-rationales Design
Lingling Zhang, Haiyang Cui, Gaurao V. Dhoke, Zhi Zou, Daniel F. Sauer, Mehdi D. Davari und Ulrich Schwaneberg, Chem. Eur. J., 2020. DOI: 10.1002/chem.201905598
Die fünfte Kupferbindungsstelle von CueO ist für die Elektronentransferkinetik der bioelektrokatalytischen Sauerstoffreduktion von entscheidender Wichtigkeit.
Im Gegensatz zu anderen Laccasen besitzt CueO eine zusätzliche Kupferbindungsstelle (die fünfte Kupferbindungsstelle). Um die Rolle des fünften Kupfers bei der Bioelektrokatalyse zu verstehen, wurde mit Hilfe von semi-rationalen Design, eine Mutagenesebibliothek (site-saturation) an den vier Koordinationspositionen (M355, D360, D439 und M441) erzeugt. Dank der zuvor etablierten elektrochemischen Durchmusterungs-Plattform ( Angew. Chem. 2019, 131, 4610 ) konnten 11 verbesserte Varianten mit mehr als 2,5-fach verbesserten elektrochemischen Strömen identifiziert werden. Durch Molekulardynamik Simulationen (MD) konnten eine Erhöhung der lokalisierten Strukturstabilität und eine Verringerung des Abstands zwischen dem fünften Kupfer und dem ersten Kupfer als mögliche Gründe indentifiziert werden. Diese Erkentnisse könnten einen neuen Weg ebnen um Laccasen und möglicherweise anderen Oxidoreduktasen für bioelektrokatalytische Anwendungen maßzuschneindern.
Der Simulationsabschnitt wurde von der Abteilung Computational Biology unterstützt. Diese Arbeit wurde von der Alexander von Humboldt-Stiftung finanziert und sofort nach ihrer Veröffentlichung von Nature Reviews Chemistry hervorgehoben.
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Ultrahochdurchsatz-Screening für die gelenkte Evolution von Enzymen
Ulrich Markel, Khalil D. Essani, Volkan Besirlioglu, Johannes Schiffels, Wolfgang R. Streit and Ulrich Schwaneberg*, Chem. Soc. Rev., 2020, 49, 233-262. DOI: 10.1039/C8CS00981C
In diesem Review fassen wir aktuelle und vielversprechende Ultrahochdurchsatz-Methoden zum Screening großer Bibliotheken in der gelenkten Evolution von Enzymen zusammen.
Enzyme müssen oft optimiert werden, um ihr volles Potenzial auszuschöpfen. (Semi-)rationales Design erfordert detaillierte Kenntnisse über Struktur-Funktions-Beziehungen. Im Gegenzug können gelenkte Evolutionsmethoden die Eigenschaften eines Enzyms ohne strukturelles Wissen durch iterative Runden aus Vielfaltserzeugung und Screening verbessern. Aktuelle Vielfaltserzeugungsmethoden ermöglichen es uns, große Bibliotheken zu generieren, aber konventionelles Screening auf Agarplatten oder in Mikrotiterplatten kann die gesamte generierte Diversität nicht in angemessener Zeit testen. Ultrahochdurchsatz-Screening-Methoden erhöhen drastisch die Anzahl der Enzymvarianten, die wir durchmustern können, beschleunigt so das Design von Biokatalysatorenen und erweitern letztendlich unser Wissen über Sequenz-Funktions-Beziehungen. In diesem Artikel fassen wir die jüngsten Fortschritte beim Ultrahochdurchsatz-Screening für die gerichtete Evolution von Enzymen zusammen. Wir diskutieren die Bedeutung von Kompartimenten für die Verknüpfung von Genotyp und Phänotyp und veranschaulichen, wie Zellen und biomimetische Kompartimente diese Funktion erfüllen können. Abschließend diskutieren wir, wie neue Ansätze der funktionellen Metagenomik vom Ultrahochdurchsatz-Screening profitieren können, um natürliche Biokatalysatoren für neuartige chemische Transformationen finden zu können.
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CompassR: Eine neue Regel für die Rekombination von vorteilhaften Substitutionen in der gelenkten Evolution
Haiyang Cui, Hao Cao, Haiying Cai, Karl Erich Jaeger, Mehdi D. Davari, Ulrich Schwaneberg, Chemistry A European Journal, 2019, https://doi.org/10.1002/chem.201903994
Die computergestützte Rekombination – CompassR – Strategie ist ein Auswahlfilter für Experimentatoren, vorteilhafte Substitutionen zu rekombinieren, um die Enzymleistung schrittweise zu verbessern und Verbesserungen durch Rekombination zu maximieren.
Die gelenkte Evolution hat sich zu einer leistungsfähigen Methode zur Verbesserung von Enzymen in der Katalyse und in medizinischen Anwendungen entwickelt, wie der Nobelpreis für Chemie 2018 belegt. Eine der wichtigsten verbleibenden Herausforderungen ist die Frage, wie man vorteilhafte Substitutionen rekombinieren kann. Systematische Rekombinationsstudien zeigen, dass weniger leistungsfähige Varianten in der Regel nach der Rekombination von 3 bis 4 vorteilhaften Substitutionen erhalten werden. Letzteres beschränkt die Forscher darin, die Vorteile von vorteilhaften Substitutionen, die in gezielten Evolutionskampagnen identifiziert wurden, zu nutzen und das Potenzial der Natur zur Generierung besserer Enzyme zu nutzen. Die computergestützte Rekombinations – CompassR – Strategie bietet einen Auswahlleitfaden für vorteilhafte Substitutionen, die rekombiniert werden können, um die Enzymleistung durch Analyse der relativen freien Faltungsenergie schrittweise zu verbessern. Die Eignung von CompassR wurde durch die Analyse von 84 Rekombinanten an 13 Positionen der Bacillus subtilis Lipase A bewertet. Die Analyse ihrer relativen freien Faltungsenergie wurde verwendet, um die CompassR-Regel abzuleiten, dass Substitutionen mit einer relativen freien Faltungsenergie unter +0,36 kcal/mol effizient rekombiniert werden können, Varianten mit einer freien Faltungsenergie zwischen +0,36 und +7,52 kcal/mol aktiv und inaktiv waren und somit unvorhersehbares Verhalten anzeigten. Freie Faltungsenergien über +7,52 kcal/mol ergaben hauptsächlich inaktive Varianten. Die finale Rekombinante mit vier Aminosäuresubstitutionen hatte eine 2,7-fach verbesserte spezifische Aktivität in 18,3 % ionischer Flüssigkeit [BMIM][Cl]. Insbesondere die BSLA-Varianten mit 3 und 4 Substitutionen waren leistungsfähiger als die Varianten mit 2 Substitutionen. Im Wesentlichen ermöglicht die neue CompassR-Regel die iterative Rekombination vorteilhafter Substitutionen und ermöglicht es Forschern, Enzymverbesserungen zeiteffizient zu erzielen.
Diese Arbeit wurde in der Abteilung Computational Biology durchgeführt und durch die von JARA-HPC von der RWTH Aachen (JARA0187) zur Verfügung gestellten Rechenressourcen unterstützt. Haiyang Cui wird finanziell durch das Stipendium des China Scholarship Council (CSC) unterstützt.
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Chemoenzymatische Kaskade zur Stilben-Produktion aus Zimtsäure durch eine Ferulasäure-Decarboxylase und eine artifizielle Metathease
M. A. Stephanie Mertens,‡ Daniel F. Sauer,‡ Ulrich Markel, Johannes Schiffels, Jun Okuda,* Ulrich Schwaneberg,* Catalysis Science & Technology, 2019, DOI: 10.1039/C9CY01412H
Kombination einer Decarboxylase und einer artifiziellen Metathease in einer chemoenzymatischen Kaskadenreaktion für Stilben-Produktion mit effizienter Entfernung von Metallkontaminationen.
Die Kombination eines Biokatalysators und Biohybridkatalysators in einer chemoenzymatischen Kaskadenreaktion ermöglichte die Produktion von Stilben-Derivaten. Die schrittweise Umsetzung des nachwachsenden Rohstoffs Zimtsäure zu wertvollen Verbindungen wurde in einem Topf unter milden Reaktionsbedingungen in wässrigem Medium erreicht. Die Ferulasäure-Decarboxylase FDC1 aus Saccharomyces cerevisiae wurde zum Umsatz von Zimtsäure genutzt. Der Decarboxylierung folgte eine Kreuz-Metathese des Styrol-Intermediates durch eine artifizielle Metathease, FhuA-GH. Sie basierte auf einem Grubbs-Hoveyda-Katalysator, der in eine veränderte Variante des Transmembranproteins Ferric hydroxamate uptake protein component A, FhuA, eingebettet war. Eine Zwischenaufarbeitung oder Isolation der Styrol-Intermediate war nicht notwendig, da beide Reaktionsschritte in wässrigem Medium stattfinden. Im Vergleich zu einem proteinfreien Katalysator zeigten Kaskadenreaktionen mit der artifiziellen Metathease nach einem Extraktionsschritt einen signifikant niedrigeren Metallgehalt. Die Kaskadenreaktion ist das erste Beispiel der Kombination eines Biokatalysators und eines Biohybridkatalysators für die effiziente Entfernung von Metallverunreinigungen in der Produktfraktion.
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Molekulares Verständnis der Interaktionen eines Enzyms und ionischer Flüssigkeiten bietet eine generelle Strategie zur Proteinoptimierung für nachhaltige biokatalytische Anwendungen
Pramanik S.†, Dhoke G. V.†, Jaeger KE., Schwaneberg U., Davari MD. ACS Sustainable Chem. Eng., 2019, https://doi.org/10.1021/acssuschemeng.9b00752 †geteilte Erstautorschaft
Das molekulare Verständnis der Interaktionen von Enzymen mit ionischen Flüssigkeiten aus computer-basierten Studien ist anwendbar für generelle Proteinoptimierungsstrategien.
In dieser Publikation wurden mit Hilfe Molekulardynamik-Simulation die Interaktion der Bacillus subtilis Lipase A (BSLA) mit vier Imidazol-basierten ionischen Flüssigkeiten studiert. Diese Studie bietet erste Hinweise, dass ionische Co-Lösungsmittel die generelle und lokale Konformation des Enzyms nicht beeinflussen. Der Effekt der Aktivitätsreduzierung wurde Oberflächeninteraktionen des Enzyms mit den Kationen der ionischen Lösung zugeschrieben, die essentielle Wassermoleküle auf der BSLA Oberfläche entfernten. Der Vergleich von simulations-basierten Daten mit experimentellen Daten einer vollständigen Sättigunsmutagenese-Bibliothek belegten, dass die meisten Positionen für eine verbesserte Resistenz in der Nähe von Binderegionen für Kationen der ionischen Flüssigkeiten liegen. Zusammengefasst legen diese Analysen nahe, dass die Optimierung von Enzym-Oberflächenladungen eine generelle Strategie für die Verbesserung der BSLA in ionischen Flüssigkeiten darstellen könnte und das diese Strategie auch auf weitere Lipasen und α/β-Hydrolasen übertragbar sein könnte.
Diese Arbeit wurde in der Abteilung Computational Biology durchgeführt und wurde durch JARA-HPC der RWTH Aachen (JARA0187) finanziell unterstützt.
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Science würdigt unsere jüngsten Forschungsarbeiten zum Pflanzenschutz
Die BiFuProt-Oberflächenbeschichtungsplattform wurde in einem kürzlich vom Fachmagazin Science veröffentlichten Presseartikel als neue Pflanzenschutztechnologie hoch gelobt. Der Science-Artikel zitierte führende Pflanzenwissenschaftler: "With the current scale of the soybean rust problem, and the rapid evolution of resistance against multiple fungicides, any addition to the toolbox would be welcome", sagt Nichola Hawkins von Rothamsted Research in Harpenden, Großbritannien, und Ralph Hückelhoven von der Technischen Universität München wird zitiert: "It opens a treasure box of solutions".
Der Pflanzenschutz mittels Pestiziden steht oft vor der Herausforderung, dass Pestizide eine sehr geringe Verweildauer und Regenfestigkeit auf den Pflanzenblättern aufweisen. Die Reduktion der eingesetzten Pestizidmenge bei gleichbleibendem Ernteertrag bedarf der Entwicklung neuer Strategien in der Schädlings- und Krankheitsbekämpfung. In unserem aktuellen Forschungshighlight, das in der Zeitschrift Green Chemistry veröffentlicht wurde, haben wir eine Plattformtechnologie entwickelt, die die Funktionalisierung der Pflanzenoberfläche für ein nachhaltiges Krankheitsmanagement ermöglicht. Wir zeigten einen alternativen Weg, Sojabohnenblätter vor dem asiatischen Sojarost (Phakopsora pachyrhizi) zu schützen, indem die Blätter mit bifunktionalen Fusionsproteinen oder kurz BiFuProts funktionalisiert werden.
"With the current scale of the soybean rust problem, and the rapid evolution of resistance against multiple fungicides, any addition to the toolbox would be welcome."
- Nichola Hawkins (Rothamsted Research, Harpenden, Großbritannien)
Die erste Domäne der BiFuProts bindet an die Wachsschicht der Pflanzenblätter und die zweite Domäne verhindert die Keimung von Phakopsora pachyrhizi Sporen. Im Detail wurden die amphiphilen Ankerpeptide LCI, Thanatin, Tachystatin A2 und Lactoferricin B genetisch mit dem Reporterprotein eGFP fusioniert und auf die Bindung von Pflanzenblättern untersucht. eGFP-LCI und eGFP-Thanatin binden regenfest an die Oberfläche von Soja-, Gersten- und Maisblättern. Insbesondere widerstand das an Sojablätter gebundene eGFP-Thanatin hohen Temperaturen, Sonnenlicht und biologischem Abbau über einen Zeitraum von mindestens 17 Tagen. Eine schwache Bindung von eGFP-LCI und eGFP-Thanatin an die Blätter einer Gerste-Variente mit stark reduzierten Waxen auf der Blattoberfläche lässt vermuten, dass die Peptide hauptsächlich an die Wachsschicht der Blätter binden. Als Fusionspartner für Thanatin wurde das antimikrobielle Peptid Dermaseptin 01 ausgewählt. Das bifunktionelle Peptid Dermaseptin 01-Thanatin inhibierte die Sporenbildung von Phakopsora pachyrhizi in vitro und reduzierte die Ausbildung der Symptome des Asiatischen Sojabohnenrosts. Es ist sehr wahrscheinlich, dass modernste Protein-Engineering-Strategien wie PePevo in Kombination mit einer KnowVolution-Kampagne das Design von Peptiden mit maßgeschneiderter Bindungsstärke und Persistenz ermöglichen werden, die den Anforderungen der Anwendung entsprechen. Wir gehen davon aus, dass bifunktionale Peptide oder Proteine, die aus Ankerpeptiden (Blattbinding) und antimikrobiellen Peptiden oder Proteinen (Pestizid) bestehen, das Potenzial besitzen eine Vielzahl an Pflanzenschädlingen und Krankheiten zu bekämpfen.
Diese innovative Forschung wurde im Rahmen des Bioeconomy Science Center (BioSC) durchgeführt, das vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen im Rahmen des NRW-Strategieprojekts BioSC gefördert wurde. Das BiFuProts (Bifunktionale Fusionsproteine für den Pflanzenschutz; BOOST FUND Projekt) Team bestand aus Professor Ulrich Schwaneberg und Dr. Felix Jakob (Initiator/Koordinator; RWTH Aachen Universität), Professor Uwe Conrath und Dr. Caspar Langenbach (RWTH Aachen Universität), Professor Lutz Schmitt (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf) und Professor Georg Noga, Dr. Mauricio Husche und Dr. Shyam Pariyar (Universität Bonn).
"It opens a treasure box of solutions"
- Ralph Hückelhoven (Technische Universität München)
Die Pflanzengesundheit ist bereits seit fünf Jahren ein aufstrebendes Forschungsgebiet innerhalb der Schwaneberg-Gruppe in enger Zusammenarbeit mit Pflanzenwissenschaftlern und Chemikern. Die Freisetzung von Pflanzennährstoffen wurde am Beispiel des Eisenmangels in Gurken im BioSC-Projekt GreenGel erfolgreich demonstriert. Dr. Felix Jakob und Professor Schwaneberg (Koordinator; RWTH Aachen Universität) haben sich im GreenGel-Projekt mit Professor Pich (RWTH Aachen Universität) und Professor Goldbach (Universität Bonn) zusammengeschlossen. Die GreenRelease-Technologie basiert auf den verbindungsbeladenen Mikrogelen (Behältern), die mit Ankerpeptiden (Blattbindung) dekoriert werden und in 2017 in der Angewandte Chemie als Hot Paper veröffentlicht wurden. Basierend auf dem Erfolg der GreenGel- und BiFuProts-Projekte wurde das FocusLab greenRelease for Plant Health für die translationale Forschung (2,3 Mio. €; ab Januar 2018 für drei Jahre) bewilligt. In dem BioSC-FocusLab haben wir uns mit den Gruppen von Professor Pich (RWTH Aachen Universität), Professor Conrath (RWTH Aachen Universität), Professor Noga (Universität Bonn), Professor Bröring (Universität Bonn), Professor Knief (Universität Bonn), Professor Groth (HHU Düsseldorf), Professor Gohlke (HHU Düsseldorf) und Professor Schurr (Forschungszentrum Jülich) zusammengeschlossen, um in den kommenden Jahren bahnbrechende Forschungsarbeiten im Bereich der Pflanzengesundheit und des Pflanzenschutzes durchzuführen.
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Maßgeschneiderter Membrankanal ermöglicht chirale Trennung von Racematen
Deepak Anand, Gaurao V. Dhoke, Julia Gehrmann, Tayebeh M. Garakani, Mehdi D. Davari, Marco Bocola, Leilei Zhu und Ulrich Schwaneberg, Chemical Communications, 2019. DOI: 10.1039/c9cc00154a.
Die chirale Trennung der Argininenantiomere wurde durch das maßgeschneiderte Escherichia coli Membranprotein FhuA erreicht.
Chirale Moleküle sind von großem wirtschaftlichen Wert in der chemischen, pharmazeutischen und Lebensmittelindustrie. Die Trennung von Enantiomeren kann mit verschiedenen Methoden erreicht werden, bleibt aber dennoch eine anspruchsvolle Aufgabe. Chirale Protein-Polymer-Membranen wären eine attraktive, kostengünstige und skalierbare Alternative für die chirale Trennung. Die größten Herausforderungen liegen in der Gestaltung von Filterregionen innerhalb der Kanalproteine und der Entwicklung von Durchmusterungssystemen zur Identifizierung chiraler Kanalproteinvarianten. In der vorliegenden Studie berichten wir zum ersten Mal über ein chirales Kanalprotein aus β-Faltblättern, basierend auf Ferric hydroxamate uptake component A - FhuA, einem Außenmembranprotein von E. coli. Zwei Filterregionen wurden identifiziert und durch die Durchmusterung von Sättigungsmutagenesebibliotheken maßgeschneidert, um die chirale Trennung eines D-/L-Argininin-Racemats zu erreichen. Die Durchmusterung führte zur Identifizierung der FhuAF4-Variante, die einen verbesserten enantiomeren Überschuss von 24% bei 52% Umsatz im Vergleich zur Wildtyp-FhuA-Variante zeigte. Interessanterweise hat schon eine kleine Veränderung von nur zwei Aminosäuren die Selektivität des FhuA-Kanals erheblich beeinflusst. Gesteuerte molekulardynamische Simulationen zeigten, dass die Trennung auf Diffusionsdifferenzen der beiden Enantiomere durch FhuAF4 basiert. Es ist wahrscheinlich, dass mit der identifizierten Filterregion und den Sättigungsbibliotheken weitere Verbesserungen bei der Trennung anderer Aminosäuren und einem breiteren Spektrum an Enantiomeren möglich sind. Die chiralen FhuA-Kanalproteine wären eine hervorragende Arbeitsplattform für die Herstellung von chiralen Membranen auf Basis von Protein-Polymer-Konjugaten mit hohem Potenzial für neuartige und skalierbare Downstream-Prozesse.
Wir danken dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für die finanzielle Unterstützung des Projekts Chirale Membranen I. Die Simulationen wurden mit Rechenressourcen durchgeführt, die von JARA-HPC von der RWTH Aachen im Rahmen des Projekts RWTH0116 gewährt wurden.
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Biohybridkatalysatoren für sequenzielle Eintopfsynthesen basierend auf einem engineerten Transmembranprotein
D. F. Sauer, Y. Qu, M. A. S. Mertens, J. Schiffels, T. Polen, U. Schwaneberg*, J. Okuda*, Catal. Sci. Tech. 2019, 9, 942-946. DOI: 10.1039/C8CY02236D
Kompartmentalisierung von organometallischen Katalysatoren wurde durch die Bildung ihrer jeweiligen Biohybridkatalysatoren basierend auf dem Transmembranprotein FhuA erreicht, um Reaktionskaskaden zu ermöglichen.
In dieser Publikation zeigen wir, dass die Einbettung von organometallischen Katalysatoren in Proteingerüste Kaskadenreaktionen im Eintopfverfahren ermöglicht, die durch einfaches Mischen der proteinfreien Katalysatoren nicht möglich wäre. Bibenzylderivate (1,2-Diphenylethanderivate), die wertvolle Komponenten in der Medikamentenentwicklung darstellen und als Bausteine für die Synthese von Naturstoffen verwendet wurden, sind ausgehend von Styrolderivaten synthetisiert worden. Im ersten Schritt wurde Olefin-Kreuzmetathese von Stryrolderivaten mithilfe eines Ru-basierten Grubbs-Hoveyda-Katalysators durchgeführt. Im nachfolgenden Schritt wurde die Hydrogenierung des Stilbenintermediates mittels eines Rh-Katalysators ermöglicht, ohne Stilben zuvor aufreinigen zu müssen. Diese Route war nicht durch einfaches Mischen der zwei organometallischen Katalysatoren in einem Topf möglich. Die Strategie, die organometallischen Katalysatoren mit Proteinen zu kompartmentalisieren, ist ein aussichtsreicher Ansatz und bietet die Möglichkeit die Reaktion homogen durchzuführen. Letzteres beseitigt Diffusionsbarrieren durch Massentransfer zwischen den Phasen. Diese Arbeit wurde in der Next Generation Biocatalysis Gruppe in Kooperation mit Professor Jun Okuda (Institut für Anorganische Chemie, RWTH Aachen University) durchgeführt. Die Studien wurden durch DFG und BMBF finanziell gefördert. Umicore, Frankfurt, wird für die großzügige Spende von Metallvorstufen gedankt.
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In dieser Studie wurde die bakterielle Laccase CueO von Escherichia coli ausgewählt, um eine gelenkte Evolution zur Senkung des Überpotentials der kathodischen Sauerstoffreduktion durchzuführen. Eine robuste und effiziente elektochemische 8-Kanal Screening-Plattform wurde erstmals entwickelt, um CueO-Varianten zu bewerten, die durch zufällige Mutagenese und anschließende Sätigungsmutagenese erzeugt werden. Die Enzymimmobilisierung konnte dabei in 20 Sekunden und direkt aus Rohzelllysaten durchgeführt werden. Zwei Positionen in der Nähe der koordinierten Liganden des T1-Kupfers wurden als Hauptregion identifiziert, die zu einer Verbesserung des Anfangspotenzials beitragen. Mit einer doppelten Substitution in CueO wurde ein bemerkenswert erhöhtes Anfangspotenzial von 0,54 V erreicht. Schließlich erzeugte die Kathode ein Leerlaufpotenzial von 0,56 V sowie eine 1,72-fach erhöhte Leistungsabgabe für die enzymatische Biokraftstoffzelle, die die erzeugte CueO-Variante in Verbindung mit einer Glukosedehydrogenase umfasst. Das entwickelte gelenkte Evolutionsprotokoll bietet eine vielversprechende Methodik jenseits von Chemie und Materialwissenschaft, um die Laccase-Eigenschaften wie Substratspezifität, Umsatzeffizienz und Toleranz gegenüber harschen Umgebungsbedingungen zu verbessern.
Diese Arbeit wurde von der Alexander von Humboldt-Stiftung unterstützt.
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Zielgerichteter Mikroplastik-Abbau in hochverdünnten Suspensionen
Shohana Islam#, Lina Apitius#, Felix Jakob und Ulrich Schwaneberg. 2019, Environ. Int. 123: 428-435. #geteilte Erstautorschaft. DOI.org/10.1016/j.envint.2018.12.029
In der vorliegenden Veröffentlichung wird die Verwendung des Ankerpeptids Tachystatin A2 als Adhäsionsvermittler beschrieben, das einen Abbau von Polyester-Polyurethan Nanopartikeln durch die Cutinase Tcur1278 beschleunigt.
Gelenkte Evolution einer bakteriellen Laccase für enzymatische Biokraftstoffzellen
Lingling Zhang, Haiyang Cui, Zhi Zou, Tayebeh Mirzaei Garakani, Catalina Novoa-Henriquez, Bahareh Jooyeh und Ulrich Schwaneberg, Angew. Chem. Int. Ed, 2019. DOI: 1002/ange.201814069
Die gelenkte Evolution von CueO durch elektrochemisches Screening identifizierte Substitutionen, die zu einem dramatischen Rückgang der Überspannung von 0,12 V führten und dabei CueO wettbewerbsfähig gegenüber Pilzlaccasen machte sowie in enzymatischen Biokraftstoffzellen anwendbar ist.
Die Akkumulierung von Mikroplastik in der Umwelt und in der Nahrungskette werden in Zukunft eine große Herausforderung für unsere Gesellschaft darstellen. Zu den akkumulierenden Plastiken gehören auch Polyurethane als weit verbreitete synthetische Polymere, die sowohl in Medizinprodukten, z.B. Katheter, als auch in Industrieprodukten, z.B. Schäume, eingesetzt werden. Da Polyurethane nicht natürlich in der Umwelt vorkommen, gibt es nur wenige Pilz- oder Bakterienstämme oder Enzyme wie Polyurethaneasen und Cutinasen, die in der Lage sind, diese Polymere effizient abzubauen. Der Abbau von Plastik in der Natur umfasst nach Schätzwerten verschiedener Literaturangaben eine Zeitspanne von mindestens 50-100 Jahren. Eine Minimierung der bereits bestehenden Umweltverschmutzung durch Mikroplastik bedarf der Entwicklung nachhaltiger Managementstrategien. Materialbindepeptide wie Ankerpeptide zeigen eine verstärkte Bindung an synthetische Polymere wie Polypropylen, Polyethylenterephthalat und Polyurethan. In dieser Veröffentlichung berichten wir über die Fusion des Ankerpeptids Tachystatin A2 an die bakterielle Cutinase Tcur1278. Im Vergleich zu der Wildtyp Cutinase Tcur1278 ohne ein Ankerpeptid beschleunigte das Fusionsprotein Tcur1278-Tachystatin A2 den Abbau von Polyester-Polyurethan-Nanopartikeln um den Faktor 6,6. Zusätzlich verringerte sich die Abbau-Halbwertszeit der Polyester-Polyurethan-Nanopartikel Suspension von 41,8 Stunden auf 6,2 Stunden, was einem Beschleunigungsfaktor von 6,7 entsprach. Zusammengefasst bieten die Ankerpeptide eine vielseitige Plattform für den gezielten Abbau von Mikro- und Nanoplastik bei Umgebungstemperatur in stark verdünnten Partikelsuspensionen.
Diese Arbeit wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie von der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen finanziert. Wir bedanken uns bei Prof. Wolfgang Zimmermann und Dr. Ren Wei für die Bereitstellung der Sequenz der Cutinase Tcur1278. Wir danken Thorsten Palmer für die dynamische Lichtstreuung-Messungen und schließlich dem Zentrum für chemische Polymertechnologie, insbesondere Sabrina Mallmann, für die Feldrasterelektornenmikroskopie.
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Auf dem Weg zur Evolution künstlicher Metalloenzyme - Eine Proteiningenieur-Perspektive
Ulrich Markel,# Daniel F. Sauer,# Johannes Schiffels, Jun Okuda und Ulrich Schwaneberg, Ang. Chem. Int. Ed., 2018 , DOI: 10.1002/ange.201811042
In der vorliegenden Veröffentlichung wird ein Überblick über die frühen Ansätze der gelenkten Evolution von Biohybridkatalysatoren gegeben.
Der Einbau von künstlichen Metallkofaktoren in Proteingerüste führt zu einer neuen Klasse von Katalysatoren, die als Biohybridkatalysatoren oder künstliche Metalloenzyme bezeichnet werden. Diese Biohybridkatalysatoren können sowohl am künstlichen Cofaktor, als auch an der zweiten Koordinationssphäre, das heißt dem Proteingerüst, modifiziert werden. Protein-Engineering bietet ein enormes Potenzial, um solche Biohybridkatalysatoren maßzuschneidern, erfordert jedoch ein robustes Screening-System und eine wohldurchdachte Metallkofaktor-Konjugationsstratie. In diesem Kurzaufsatz geben wir einen Überblick über die jüngsten Bemühungen auf diesem Gebiet. Wir beschreiben Hochdurchsatz-Screening-Methoden, die für die gelenkte Evolution von Biohybridkatalysatoren angewendet werden und wir veranschaulichen, wie nicht-chirale Katalysatoren Reaktionen enantioselektiv katalysieren, indem wir die ersten Erfolge auf diesem sich entwickelnden Gebiet aufzeigen. Darüber hinaus fassen wir das Potenzial und die bisherigen Limitationen zusammen, die überwunden werden müssen, um von Biohybridkatalysatoren zu echten künstlichen Metalloenzymen zu gelangen.
Finanzielle Förderung von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) durch die internationale Graduiertenschule „Selekitvität in Chemo- und Biokatalyse“ (SeleCa) und durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF, FKZ: 031B0297) wird dankend anerkannt. #: Diese Autoren haben gleichermaßen zu diesem Kurzaufsatz beigetragen.
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Enzym-Polyelektrolyt-Komplexe erhöhen die katalytische Leistung von Enzymen
Martin J. Thiele, Mehdi D. Davari, Melanie König, Isabell Hofmann, Niklas O. Junker, Tayebeh Mirzaei Garakani, Ljubica Vojcic, Jörg Fitter, Ulrich Schwaneberg, ACS Catalysis, 2018, DOI: 10.1021/acscatal.8b02935
In der vorliegenden Veröffentlichung wird über das molekulare Verständnis von Polyelektrolyt-Enzym-Komplexen berichtet, die die enzymatische Aktivität in Mehrkomponentensystemen verstärken.
In dieser Veröffentlichung wurde ein molekulares Verständnis der verstärkenden Wirkung von Polyacrylsäure, PAA, und γ-Polyglutaminsäure, γ-PGA auf eine unspezifische Subtilisin Protease durch biophysikalische Charakterisierung, z.B. Fluoreszenzkorrelations- und Circulardichroismus-Spektroskopien sowie isotherme Titrationskalorimetrie, Molekulardynamiksimulationen und Protease-Engineering, z.B. Ortssättigungsmutagenese, geschaffen. Diese Studie zeigte, dass enthalpisch getriebene Wechselwirkungen über Schlüssel-Aminosäurereste in der Nähe der Protease-Ca2+-Bindungsstellen den Verstärkungseffekt in der Protease-Aktivität verursachen. Auf molekularer Ebene führen elektrostatische Wechselwirkungen zur Bildung von Protease-Polyelektrolyt-Komplexen. Eine Sättigungsmutagenese an 6 Positionen führte zu Varianten mit erhöhter proteolytischer Leistung gegenüber einer komplexen Proteinmischung mit dem Handelsnamen CO3 um bis zu ~ 300% und ~ 70% in Anwesenheit von PAA und γ-PGA. Die Fähigkeit, die Wechselwirkungen zwischen Proteinen und negativ geladenen Polymeren durch integrativen Einsatz von Computerdesign, Protein-Engineering und biophysikalischer Charakterisierung zu optimieren, erwies sich als effizienter Arbeitsablauf zur Verbesserung der Proteaseleistung.
Diese Forschung wurde teilweise von der Henkel AG & Co. KGaA, Düsseldorf, Deutschland, im Rahmen des Projekts Henkel Innovation Campus für Advanced Sustainable Technologies (HICAST) finanziert. Simulationen wurden mit Rechenressourcen durchgeführt, die von JARA-HPC durch die RWTH Aachen University im Rahmen der Projekte RWTH0116 und JARA0169 erteilt wurden.
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Gelenkte Evolution von Sortase A für effiziente ortspezifische Biokonjugationen in organischen Lösungsmitteln
Die gelenkte Evolution der Sortase A in 45% (v/v) DMSO als Lösungsmittel, ergab die Varianten M1 und M3 mit jeweils 2,2-fach erhöhter Resistenz und 6,3-facher katalytischer Effizienz im Vergleich zum Sortase A-Wildtyp. Die generieten Varianten wurden zur Erweiterung der Sortase-vermittelten Ligation im organischen Lösungsmittel mit hydrophoben Substraten eingesetzt. Die Variante M3 zeigte eine bis zu 4,7-fach erhöhte Aktivität für Peptid-Peptid/Peptid-Amin Bindungen in DMSO/DMF Cosolventien im Vergleich zum Wildtyp. Die Struktur-Funktionsanalyse der Sortase in DMSO durch computergestützte Studien zeigte, dass die Konformationsmobilität wichtig für die erhöhte Resistenz der Sortase A im organischen Lösungsmittel ist.
Diese Studie wurde von der chinesischen Stipendienrat-CSC finanziert. Simulationen wurden mit Rechenressourcen durchgeführt, die von JARA-HPC der RWTH Aachen im Rahmen der Projekte RWTH0116 und JARA0169 erteilt wurden.
Weitere Informationen zu dieser Publikation finden Sie unter Forschungshighlights und auf der Webseite von Chemical Communications.
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KnowVolution-Kampagne einer Arylsulfotransferase erhöht die Aktivität für Cellobiose-Sulfatierung
Islam, S., Laaf, D., Infanzón, B., Pelantová, H., Davari, M. D., Jakob, F., Křen, V., Elling, L., and Schwaneberg, U. Chemistry - A European Journal , 2018. doi:10.1002/chem.201803729
Glykosaminoglykane sind meist sulfatierte Polysaccharide, die eine wichtige Rolle bei der Signaltransduktion, Antikoagulation, Entgiftung und vielem mehr spielen. Die vollständige chemische Synthese von Glykosaminoglykanen ist aufgrund der vielen Syntheseschritte, die die finale Ausbeute beeinflussen, immer noch eine sehr schwierige Aufgabe. Eine geeignete und nachhaltige Alternative stellt die in vitro-Synthese von sulfatierten Polysacchariden wie Cellulose oder Chitin dar, die die Funktionalitäten von Glykosaminoglykanen aufweisen. Enzymatische Sulfatierung der Polysaccharid-Bausteine durch Sulfotransferasen ist aufgrund ihrer Fähigkeit zur hochchemoselektiven Sulfatierung in wässriger Lösung und bei Raumtemperatur synthetisch attraktiv. Die bakterielle Arylsulfotransferase B - ASTB wurde maßgeschneidert, um die Sulfatierungsaktivität gegenüber dem Cellulose-Baustein, der Cellobiose, zu verbessern. Hierzu wurde eine vollständige KnowVolution-Kampagne durchgeführt. Nach der Durchmusterung von 3067 ASTB-Varianten wurden Leu446 und Val579 als wichtige Positionen identifiziert, die positive Auswirkungen auf die ASTB-Aktivität zeigen
Weiterentwicklung einer Arylsulfotransferase zu einem synthetisch attraktiven Sulfatierungsmittel für Zucker
Computergestützte Studien deuten darauf hin, dass die Substitution Leu446Pro mehr Flexibilität an der Substratbindetasche ermöglicht und Val579Lys eine distale Substitution ist. Schließlich ergab die Rekombination von Leu446Pro und Val579Lys die Variante ASTB-M5 mit bis zu 7,6-fach erhöhter spezifischer Aktivität im Vergleich zum Wildtyp für Cellobiose. Eine Monosulfatierung von Cellobiose wurde mittels Massenspektrometrie bestätigt, was auf einen hohen Selektionsgrad hinweist. Darüber hinaus wurde der Umsatz bei der Synthese des monosulfatierten Glykosaminoglykan-Bausteins, N-Acetylglucosamin von 33,8% auf 87,1% erhöht. Die Strukturaufklärung bestätigte eine teilweise regioselektive Monosulfatierung an den Positionen C-3 und C-4, im Gegensatz zur chemisch bevorzugten Position C-6.
Diese Arbeit war eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Professor Schwaneberg und Professor Elling von der RWTH Aachen, sowie Professor Křen von der Tschechischen Akademie der Wissenschaften. Unsere Arbeit wurde durch die Projekte FuPol, BioSulfa und das Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert. Weitere Informationen zu dieser Publikation finden Sie unter Forschungshighlights und auf der Webseite von Chemistry – A European Journal.
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Gelenkte OmniChange Evolution verwandelt P450 BM3 in eine Alkyltrimethylammonium-Hydroxylase
Yu Ji, Alan Maurice Mertens, Christoph Gertler, Sallama Fekiri, Merve Keser, Daniel F. Sauer, Kilian E. C. Smith, and Ulrich Schwaneberg*, Chemistry - A European Journal, 2018, doi:10.1002/chem. 201803806
Reengineering der P450 BM3 Substratspezifität zur Hydroxylierung von CTAB durch die OmniChange Multi-Site Mutagenesemethode
Bolatenside sind eine neue Klasse von Verbindungen mit einer breiten Palette von industriellen und technischen Anwendungen. Sie sind in der Lage, sehr kleine Micellen zu bilden und daher wirksamer als moderne Tenside.
Ihre Herstellung ist jedoch teuer und erfordert die Verwendung von starken Säuren und großen Mengen an Lösungsmitteln. Ein alternativer grüner Syntheseweg ist die direkte Hydroxylierung durch Monooxygenasen, wie sie in der Natur durchgeführt wird.
In dieser Studie wurde die OmniChange Multi-Site-Mutagenesemethode zum Reengineering der P450 BM3-Substratspezifität zur Hydroxylierung von CTAB durch gleichzeitige Mutagenese von vier relevanten Positionen angewendet. Verbesserte Varianten wurden in einem zweistufigen Screeningsystem identifiziert. Anschließend wurden 10 aktive Varianten durch HPLC-MS/MS analysiert. Vier P450 BM3-Varianten wiesen signifikant verbesserte Produktivitäten auf und wurden kinetisch charakterisiert.
Interessanterweise waren alle vier Varianten zu di-Hydroxylierung von CTAB fähig und Kopplungseffizienzen von 92.5% wurden erreicht. Insbesondere wurden erstmals Dihydroxylierungsprodukte von CTAB mit Bolatensideigenschaften hergestellt. Bolatenside sind biologisch abbaubare und nachhaltige Tenside mit ausgezeichneten Löslichkeitseigenschaften, die neue Möglichkeiten der Drug-Delivery und/oder Formulierung bieten. Darüber hinaus erwies sich das zweistufige Screening-System als effizient, um die Kopplungseffizienz zu erhöhen, und kann wahrscheinlich in vielen anderen P450-Evolutionskampagnen verwendet werden, um robuste P450-Katalysatoren zu erzeugen. Diese Arbeit wurde druch das China Scholarship Council, Nr. 201608080082, gefördert.
Den Link zu dieser Publikation finden Sie hier.
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Enzymkompatible dynamische Nanoreaktoren aus elektrostatisch verbrückten gleichgeladenen Tensiden und Polyelektrolyten
Martin J. Thiele, Mehdi D. Davari, Isabell Hofmann, Melanie König, Carlos G. Lopez, Ljubica Vojcic, Walter Richtering, Ulrich Schwaneberg und Larisa A. Tsarkova, Angewandte Chemie, 2018, DOI: 10.1002/anie.201805021
In unserer neusten Veröffentlichung wird über die Entdeckung von Nanoreaktoren aus elektrostatisch verbundenen Tensiden und Polyelektrolyten gleicher Ladung berichtet. Der Einbau einer Protease in solche dynamischen Nanoreaktoren führt zu einer synergistisch verbesserten Reinigungsleistung aufgrund der verbesserten Solubilisierung und Zugänglichkeit für die Protease durch die Wechselwirkung mit den Nanoreaktor-Komponenten.
In der Publikation wird von einem völlig unerwarteten Mechanismus von sich anziehenden elektrostatischen Wechselwirkungen zwischen vollständig neutralisierter Polyacrylsäure und gleich geladenen Tensiden berichtet. Amphiphile Polymer-Tensid-Komplexe mit hoher Grenzflächenaktivität und einer Solubilisierungskapazität, die die herkömmlicher Mizellen übersteigt, werden durch Brückenbildung mit Kalzium-Ionen gebildet. Der Einbau einer unspezifischen Protease in solche dynamischen Nanoreaktoren führt zu einer synergistisch verbesserten Reinigungsleistung aufgrund der verbesserten Solubilisierung von schlecht wasserlöslichen immobilisierten Proteinen. Konkurrierende Grenzflächen- und intermolekulare Wechselwirkungen wurden auf verschiedenen Zeit- und Längenskalen mit kolorimetrischen Analysen, dynamischer Tensiometrie, Lichtstreuung und molekulardynamischen Simulationen untersucht. Der hier entdeckte Mechanismus der verbrückenden Assoziation schlägt eine Neugestaltung von Tensid / Polymer / Enzym-Formulierungen moderner Detergenzien vor und eröffnet neue Möglichkeiten bei der Entwicklung labiler Abgabesysteme.
Links: Schema des Mechanismus von anziehenden elektrostatischen Wechselwirkungen vollständig neutralisierter Polyacrylsäure (PAA) mit dem gleich-geladenen Tensid SLES. Amphiphile Polymer-Tensid-Komplexe mit hoher Grenzflächenaktivität und Solubilisierungskapazität werden durch Brückenbildung mit Ca 2+ -Ionen gebildet. Einbau einer Protease in solche dynamischen Nanoreaktoren führt aufgrund der verbesserten Solubilisierung von schlecht wasserlöslichen immobilisierten Proteinen zu verbesserter Reinigungsleistung.
Diese Forschung wurde teilweise von der Henkel AG & Co. KGaA, Düsseldorf, Deutschland, im Rahmen des Henkel Innovation Campus für Advanced Sustainable Technologies (HICAST) finanziert. Simulationen wurden mit Rechenressourcen durchgeführt, die von JARA-HPC der RWTH Aachen im Rahmen der Projekte RWTH0116 und JARA0169 erteilt wurden. L.A.T. würdigt die finanzielle Unterstützung der Russischen Stiftung für Grundlagenforschung (RFBR) gemäß dem Forschungsprojekt Nr. 18-53-76005.
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Eine Schleifen-Engineering-Strategie verbessert die Aktivität der Laccase lcc2 in ionischen Flüssigkeiten und wässrigen Lösungen
A. M. Wallraf, H. Liu, L. Zhu, G. Khalfallaha, C. Simons, H. Alibiglou, M. D. Davari and U. Schwaneberg, Green Chemistry, 2018, DOI: 10.1039/C7GC03776G
Es konnte eine Domänenverbindungsschleife innerhalb der Laccase identifiziert werden, die für die Enzymaktivität in ionischen Flüssigkeiten von großer Bedeutung ist.
Laccasen sind am Ligninabbau beteiligt. Mit EMI- und BMIM-basierten ionischen Flüssigkeiten kann Holzbiomasse effizient verflüssigt werden, während gleichzeitig aber die Laccaseaktivität durch die ionischen Flüssigkeiten drastisch reduziert wird. Ein vielversprechender Ansatz zur Verbesserung der Aktivität und Resistenz von Laccasen in ionischen Flüssigkeiten ist das Protein Engineering, durch das die Ligninvalorisierung für die nachhaltige Produktion von Kraftstoffen und hochwertigen Bulk-Chemikalien effizienter gestaltet werden kann. Wir berichten erstmals über ein effizientes semi-rationales Design mit Fokus auf eine Domänenverbindungsschleife der Laccase lcc2, Schleife L1, aus der Schmetterlings-Tramete Trametes versicolor.
Die Strategie des Schleifen-Engineerings basiert auf einer KnowVolution-Kampagne und kann in drei Schritte unterteilt werden. Die Vorhersage von sieben resistenzsteigernden Positionen der 37 Aminosäuren in L1 - Reste 284-320 - wurde mittels in silico SSM-Analyse mit FoldX durchgeführt. Diese sieben Positionen wurden zunächst einzeln gesättigt. Daraufhin wurden vier der sieben vorteilhaften Positionen gleichzeitig unter Verwendung von OmniChange mithilfe gerichteter Mutagenese gesättigt. Die OmniChange-Varianten OM1 -A285P / A310R / A312E / A318G- und OM3 -A310D / A312P / A318R- zeigten eine um 3,9fache -535,8 ± 36,9 U / mg- bzw. 1,6-fach -216,8 ± 5,3 U / mg- erhöhte spezifische Aktivität in wässriger Lösung -lcc2 WT, 138,9 ± 6,5 U / mg- bzw. bis zu 8,4-fach erhöhte Aktivität in 35% EMIM EtSO4 und wässrige Lösung im Vergleich zu lcc2 WT. Die computergestützte Analyse des Wasserstoffbindungsmusters zeigte, dass beide Varianten eine erhöhte Anzahl von Wasserstoffbrücken innerhalb der Schleife und zwischen den Domänen zwei und drei aufwiesen, was zu einer erhöhten Resistenz gegenüber ionischen Flüssigkeiten führte.
Eine Entropieanalyse zeigte, dass die Substitution von Alanin an jeder ausgewählten Aminosäureposition A285, A310, A312 und A318 die Flexibilität der Schleife L1 reduziert. Die Analyse mit dem ConSurf-Server zeigte, dass die lange Domänenverbindungsschleife L1 ein konserviertes Merkmal in pilzlichen Laccasen ist, was das Schleifen-Engineering als nützliche Strategie zum Erhöhen der Laccase-Aktivität in ionischen Flüssigkeiten und wässrigen Lösungen nahelegt. Diese Arbeit wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft - DFG - im Rahmen des Forschungsclusters "Maßgeschneiderte Kraftstoffe aus Biomasse" gefördert.
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Hohlraumvolumen-Engineering eines Beta-Fassproteins generiert effiziente Biohybridkatalysatoren für Olefinmetathese
Grimm, A.R.*, Sauer, D.F.*, Davari, M.D., Zhu, L., Bocola, M., Kato, S., Onoda, A., Hayashi, T., Okuda, J., Schwaneberg, U.; ACS Catalysis, 2018, 8, pp 3358–3364, DOI: 10.1021/acscatal.7b03652. (*gleichermaßen beigetragen)
Die erfolgreiche Anwendung der präsentierten Hohlraumvolumen-Engineering Strategie auf die Biohybridkatalyse kann potentiell auf weitere Beta-Fassproteine übertragen werden um Hohlraumvolumina zu generieren die zu den sterischen Anforderungen von synthetischen Katalysatoren passen.
Wenn man einen synthetischen Metallkatalysator in ein Proteingerüst einbaut, erhält man einen Biohybridkatalysator. Das Proteingerüst kann die Selektivität des Metallkatalysators potentiell verändern und macht es in Wasser löslich, ohne dessen breites Substratspektrum zu verlieren. Was an der Arbeit in dieser Publikation neu ist, ist das Proteingerüste für synthetische Katalysatoren bis jetzt hauptsächlich dadurch angepasst worden sind, dass einzelne Aminosäuren ausgetauscht wurden. Obwohl mit dieser konventiellen Strategie bisher viel erreicht wurde, wird sie durch die Anzahl an Aminosäuren im Protein begrenzt, die zum Austausch zur Verfügung stehen. In dieser Arbeit wurde Hohlraumvolumen-Engineering eines Beta-Fassproteins namens Nitrobindin betrieben, indem mehrere Beta-Stränge dupliziert wurden, um eine vergrößerte Variante zu generieren.
"Das Einbringen eines synthetischen Metallkatalysators in ein Proteingerüst ergibt einen Biohybridkatalysator, der Löslichkeit in Wasser mit dem breiten Reaktionsspektrum von organometallischen Katalysatoren vereint."
Alexander R. Grimm
Indem ganze Beta-Stränge dupliziert wurden, war es möglich große Katalysatoren kovalent einzubauen und exzellente Umsätze in einer ganzen Reihe an Olefinmetathesereaktionen – Kohlenstoff-Kohlenstoff Doppelbindungsausbildungsreaktionen – zu erzielen. Was daran so spannend ist, ist das die angewendete Designstrategie potentiell auf weitere Beta-Fassproteingerüste übertragen werden kann um Hohlraumvolumina zu generieren die zu den sterischen Anforderungen von synthetischen Katalysatoren passen. Wenn Hochdurchsatzdurchmusterung in Zukunft auf diese neuen Varianten angewendet wird, sollte es möglich sein gelenkte Biohybridkatalysatorevolution viel effizienter zu erforschen. Dies wird die synthetische Leistung wahrscheinlich noch weiter steigern. Diese Arbeit wurde durch die Finanzierung der Deutschen Forschungsgemeinschaft und das Bundesministerium für Bildung und Forschung ermöglicht.
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Eine E.coli-Ganzzellplattform für künstliche Metalloenzyme: Polyphenylacetylen-Produktion mittels eines Rhodium-Nitrobindin-Metallproteins
Grimm, A.R., Sauer, D.F., Polen, T., Zhu, L., Hayashi T., Okuda J., Schwaneberg, U. (2018). A whole cell E. coli display platform for artificial metalloenzymes: polyphenylacetylene production with a rhodium-nitrobindin metalloprotein. ACS Catal., 8, 2611-2613.
Eine Ganzzell E. coli Displayplattform für artifizielle Metalloenzyme
In dieser Publikation unserer Kollegen aus der Abteilung Hybridkatalyse und Hochdurchsatz-Durchmusterungssysteme wurde der erste bakterielle zelloberflächendisplaybasierte Ganzzellbiohybridkatalysator generiert, charakterisiert und für die stereoselektive Polymerisation von Phenylacetylen angewendet. Ganzzellkatalyse ist für die kosteneffektive Produktion von Chemikalien mit biotechnologischen Mitteln sehr wichtig. Trotz der vielversprechenden Verwendung von ganzen Zellen für die Biohybridkatalyse, mussten Wissenschaftler bis dato feststellen, dass in ihren Experimenten wertvolle synthetische Metallkatalysatoren
in Zellen durch intrazelluläre Thiole inaktiviert wurden. Die Autoren haben die Oberfläche von Escherichia coli Zellen deshalb mithilfe eines esterasebasierten Autotransporters mit Rhodium-Nitrobindin Biohybridkatalysatoren aufgerüstet, um die Katalysatoren von inhibierenden intrazellulären Verbindungen zu trennen. Eine hohe Anzahl von 39.000.000 Umsätzen pro Zelle in der Polymerisation von Phenylacetylen und potentielle Anwendungen in der gelenkten Evolution und Hochdurchsatzdurchmusterung machen die vorgestellte Technologie zu einer attraktiven Plattform für bioorthonogale Reaktionen. Diese Arbeit wurde durch die Finanzierung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft und das Bundesministerium für Bildung und Forschung möglich gemacht.
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Ein enzymatischer Weg zu α-Tocopherol Synthonen: Aromatische Hydroxylierung von Pseudocumol und Mesitylen mittels P450 BM3
Dennig*, A., Weingartner*, A. M., Kardashliev, T., Müller, C. A., Tassano, E., Schürmann, M., Ruff, A. J., Schwaneberg, U. (2017). Chemistry - European Journal , first published online: October 9 2017, DOI: 10.1002/chem.201703647
P450 BM3 Varianten für die Produktion von phenolischen Schlüsselbausteinen für die α-Tocopherol-Synthese
Vitamin E findet vielfältige Anwendung, wie zum Bespiel in Kosmetika, in der Lebensmittelindustrie und als Nahrungsergänzungsmittel. Aufgrund des wachsenden Bedarfes sind alternative Wege zur Herstellung von Vitamin E von industriellem Interesse. Mit unserer Arbeit zeigen wir die erste direkte aromatische Hydroxylierung von Pseudocumol und Mesitylen in Wasser, unter Luftsauerstoff und milden Reaktionsbedingungen für die Gewinnung von aromatischen Ausgangsbausteine für die Synthese von Vitamin E. Einer der wichtigsten, aromatischen Bausteine hierfür ist Trimethylhydroquinon - TMHQ. Die beschriebene P450 BM3 Variante M3 ist in der Lage TMHQ direkt von Pseudocumol ausgehend zu produzieren, was eine neue und umweltfreundlichere Vitamin E Synthese ermöglicht. Im Falle von Mesitylen kann eine P450 BM3 katalysierte Oxidation zur Herstellung von nützlichen Bausteinen beitragen, welche wiederum als Ausgangsstoff für die TMHQ Erzeugung genutzt werden können. Zusammenfassend beschreibt die Studie einen ersten enzymatischen Weg für die Herstellung von aromatischen Ausgangsbausteinen für die Vitamin E Synthese und erste katalytische und mechanistische Untersuchungen der direkten aromatischen Hydroxylierung von Trimethylbenzenen mit Luftsauerstoff.
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Umkehrung der Enantiopräferenz von cpADH5 und Veränderung der Kettenlängenspezifität für Methyl-3-Hydroxyalkanoate
Yunus Ensari, Gaurao V. Dhoke, Mehdi D. Davari, Marco Bocola, Anna Joëlle Ruff, Ulrich Schwaneberg, Chemistry – A European Journal 2017, 23, 51, Issue, 12636-12645.
Die Vergrößerung der Substratbindetasche von cpADH5 führte zur Umsetzung von Methyl-3-Hydroxyalkanoaten mittlerer Kettenlänge und Umkehrung der Enantiomerpräferenz.
Die selektive Oxidation von primären oder sekundären Alkoholen zu Carbonyl-Verbindungen, z.B. Aldehyden und Ketonen, ist eine Schlüsselreaktion in der organischen Synthese und in der Industrie. Die Oxidation von Alkoholen zu Ketonen kann mit einer Vielzahl von chemischen Oxidationsmethoden effizient durchgeführt werden. Jedoch stellen Selektivität, die Produktion ungewünschter Nebenprodukte, Substratspektrum und Umsetzungsraten bei der Oxidation von Alkoholen immer noch eine große Herausforderung dar. Alkoholdehydrogenasen sind vielversprechende Alternativen zu Metallkatalysatoren und katalysieren reversible Oxidationen von primären und sekundären Alkoholen zu deren korrespondierenden Aldehyden oder Ketonen.
Wir hoffen, dass die enzymatische Oxidation von 3-Hydroxy-FAMEs neuartige Synthesewege hin zu attraktiven Bausteinen für die Synthese von Pheromonen und Beta-Lactam-Antibiotika ermöglicht.
Gaurao V. Dhoke
Keton-funktionalisierte Fettsäurederivate sind vielseitige Verbindungen in der organischen Chemie, die als Intermediate und Bausteine in der Herstellung von u.a. pharmazeutischen Wirkstoffen und Detergentien genutzt werden.
Diese Studie stellt die erste durch Protein Engineering überarbeitete Candida parapsilosis Alkoholdeydrogenase - cpADH5 - vor, die Methyl 3-hydroxyhexanoat und Methyl 3-hydroxyoktanoat zu ihren entsprechenden Ketonen effizient oxidieren kann. Diese Reaktionen können durch den Wildtyp von cpADH5 nicht katalysiert werden. In dieser Studie wurde die Substratbindetasche von cpADH5 mutiert und neu designt, um ihr Substratspektrum auf 3-Hydroxy-Fettsäuremethylester – FAME – mit mittleren Kettenlängen von 6 bis 12 Kohlenstoffatomen auszudehnen. Des weiteren beschreiben wir die invertierte Enantiopräferenz der von uns genenerierten cpADH5 Variante für die Oxidation von Methyl-3-Hydroxybutyrat.
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Mikro-Lieferservice für Dünger
Pflanzen können Dünger nicht nur über die Wurzeln, sondern auch über die Blätter aufnehmen. Über einen längeren Zeitraum gestaltet sich eine Blattdüngung jedoch schwierig. Deutsche Forscher stellen jetzt in der Zeitschrift Angewandte Chemie ein leistungsfähiges Zufuhrsystem für Mikronährstoffe auf Basis biohybrider Mikrogele vor. Spezielle Peptide verankern die „Mikrocontainer“ fest auf der Blattoberfläche, während Bindestellen im Inneren für eine verzögerte Abgabe der „Ladung“ sorgen.
Die Blattdüngung ist bereits Praxis, z.B. im Weinbau, wenn Reben aufgrund eines Mineralmangels gelbe Blätter bekommen. Trotz Verwendung von Detergenzien, Adhäsiven und Befeuchtungsmitteln ist eine kontrollierte Nährstoffzufuhr über mehrere Wochen per Blattdüngung aber kaum zu erreichen. Bis zu 80% der Nährstoffe werden abgewaschen, gelangen in den Boden und werden zum Großteil in Formen umgewandelt, die die Pflanze nicht nutzen kann. Zudem können sie in Gewässer gespült werden und Umweltprobleme verursachen. Ein weiteres Problem: Bei starker Sonneneinstrahlung verdunstet das Wasser der aufgetragenen Düngerlösung. Die entstehende hohe Salzkonzentration entzieht dem Blatt Wasser, was zu Verbrennungsschäden führen kann.
Das Team vom DWI-Leibniz-Institut für Interaktive Materialien, Aachen, der RWTH Aachen und der Universität Bonn hat jetzt ein Blattdünger-System auf Basis biokompatibler Mikrogele entwickelt, das lange und selektiv an Blättern haftet und Nährstoffe langsam und kontrolliert abgibt. Mikrogele sind winzige Partikel aus quervernetzen Makromolekülen, die Wasser und andere Moleküle wie Düngersubstanzen sehr effizient binden können.
Die Forscher um Ulrich Schwaneberg, Felix Jakob und Andrij Pich statteten die Gelpartikel im Inneren mit Bindestellen aus, die Eisen-bindenden Proteinen von Bakterien nachempfunden wurden. Sie sorgen dafür, dass Eisenionen nur langsam abgegeben werden. Die Mikrogele werden bei pH 3 mit eisenhaltiger Lösung beladen. Bei Erhöhung des pH-Wertes auf 7 schrumpfen sie unter Wasserabgabe und binden dabei das Eisen.
Die Oberfläche der Gelpartikel wurde mit Ankerpeptiden aus Milchsäurebakterien bestückt, die fest an Blattoberflächen haften und so ein Auswaschen verhindern. Da das Gel Wasser enthält, bildet sich eine wässrige Mikroumgebung, in der das Eisen in die Blätter diffundieren kann. Gelb gewordene Blätter unter Eisenmangel leidender Gurkenpflanzen wurden an Stellen, auf die der neuartige Blattdünger getropft wurde, rasch wieder grün.
Durch Ausstattung mit anderen Bindestellen könnten die „Mikrogel-Container“ mit einer Vielzahl an Metallionen oder Wirkstoffen beladen werden. Eine kontrollierte und bedarfsgerechte Freisetzung von Wirkstoffen, minimiert die benötigten Einsatzmengen und den Eintrag von Dünger und Pestiziden in die Umwelt. Dank geringer Produktionskosten, hoher Beladung, einfacher Handhabung sowie gezielt einstellbarer Adhäsionseigenschaften wäre ein breiter industrieller Einsatz denkbar. Ziel sind selbstregulierende Zufuhrsysteme für eine nachhaltige Landwirtschaft.
Richard A. Meurer et al, Biofunctional Microgel-Based Fertilizers for Controlled Foliar Delivery of Nutrients to Plants, Angewandte Chemie International Edition (2017). DOI: 10.1002/anie.201701620
Herstellung von Bausteinen zur Synthese von Filtermembranen
Der Eisentransporter FhuA - Ferric hydroxamate uptake protein component A, ein Kanalprotein aus dem Bakterium Escherichia coli, wurde maßgeschneidert verändert für die Herstellung von synthetischen Membranen, die aus FhuA-Proteinen und Polymeren bestehen. Das Protein bildet einen durchlässigen Kanal mit einer einheitlichen Porengröße von 2,5 bis 3,0 nm und einer fassförmigen Struktur. Für die Anbindung von PNIPAAm-Polymerketten wurden Lysinreste an spezifischen Positionen ringförmig außerhalb vom Kanal oberhalb der Transmembranregion angeordnet. Dieses Design ermöglicht das Wachsen lassen von Polymerketten ausgehend vom äußeren FhuA-Kanal. Die hergestellten Bausteine aus FhuA-Kanalprotein und Polymerketten werden zukünftig verwendet hybride Membranen für die Nanofiltration zu synthetisieren. In diesem Verfahren können diese Membranen als molekulares Sieb zur Trennung verschiedener Moleküle verwendet werden, was in den Downstream-Prozessen zur Herstellung von Süßungsmitteln, Pestiziden und Medikamenten essentiell ist.
In vitro flow cytometry-basiertes Durchmusterungssystem für Cellulase engineering
Screeningtechnologie ist von entscheidender Bedeutung, wenn Biokatalysatoren durch gerichtete Evolution verbessert werden sollen, denn bei jedem einzelnen Versuch entstehen gegebenenfalls Millionen von Varianten dieser Katalysatoren. Damit aber solche Versuche dennoch in vertretbaren Zeiträumen durchgeführt werden können, wurden Ultrahochdurchsatz-Screeningmethoden entwickelt. Solche Techniken sind in der Lage bis zu 107 Einzelreaktionen pro Stunde zu analysieren und können daher die Mutagenese einer kompletten Peptidsequenz eines Enzyms mit hoher Kosten- und Zeiteffizienz untersuchen.
Diese Technologie wird umso schlagkräftiger, wenn sie mit zellfreier Expression gekoppelt wird. Diese Expressionsmethode ermöglicht es dem Experimentator den Diversitätsverlust während der Transformation von Mutationsbibliotheken in die Expressionswirte zu reduzieren, sondern auch die Modifikation von Enzymen menschlichen und tierischen Ursprungs oder die direkte Evolution von Enzymen, die toxisch für die Expressionswirte sind.
Die erste funktionstüchtige Kombination aus zellfreier kompartimentalisierter Expression mit Hochdruchsatz-Screening wurde in der InVitroFlow-Technologie realisiert und bereits erfolgreich auf die gerichtete Evolution von Cellulase-Enzymen angewandt.
Durchmusterung einer Promoter Toolbox zur Erhöhung der Proteinproduktion in Escherichia coli
Escherichia coli ist ein häufig verwendeter Organismus für die rekombinante Proteinproduktion. Die Produktkonzentration ist hängt allerdings stark vom verwendetedn Expressionssystem ab. Promotoren sind deshalb ein Schlüsselelement für die Kontrolle des Expressionslevels. Diese Studie beschreibt die Entwicklung einer neuartigen „PLICbaren“ Promotoren „Werkzeugkiste“, die es ermöglicht, in nur einem Klonierungsschritt und nach einem Screening-Versuch den am besten geeigneten Promotor aus einer Auswahl aus zehn IPTG induzierbaren Promotoren (T7, A3, lpp, tac, pac, Sp6, lac, npr, trc und syn) zu identifizieren und somit Proteinproduktion in hohen Konzentrationen erlaubt.